Ralf auf der Überholspur -- Probe am 19. Dezember 2007

Luzie, Frl. Cernatzke, es ist aus. Wenn ihr auch nur einen Funken Verstand im Leibe habt, dann lasst ihr mich fallen wie eine heiße Kartoffel und heftet euch an die Fersen unseres Präsidenten, Ralf H. Er, den ich schon ausgebootet glaubte, ist wieder da, und stärker denn je. Ich habe diese Tendenz ja schon mehrfach angedeutet, doch heute, ausgerechnet bei der letzten Probe in diesem Jahr, wurde es überdeutlich. Ralf fährt ganz links auf der Überholspur, und ich hänge schon halb auf dem Standstreifen. Ihm haftet der Geruch des großen Geldes an, und bei mir gibt es nichts zu holen außer Depressionen.

Doch lasst mich versuchen, den Hergang geordnet zu schildern, obwohl mir der Schweiß auf der Stirn steht und die zitternden Hände sich nur mühsam über die Tastatur bewegen (auch das noch, wo mir das Tippen mit den kurzen Fingern ohnehin schon schwer fällt).

Das Unheil nahm seinen Lauf, als unser geliebter CMO Thomas S. die Probe kurzfristig absagen musste (was so gut wie nie vorkommt). Als diese Information an die Öffentlichkeit gelangte, war den Absagen Tür und Tor geöffnet (wann kann man schon mal blaumachen, ohne dass Thomas es merkt), und wir haben dann schließlich mit folgender "Besetzung" geprobt:
  • Rhythmus: vollständig (was sonst)
  • Saxophone: 3
  • Posaunen: 0
  • Trompeten: 2
Eigentlich wären es drei Trompeten gewesen, aber ein anonym bleibendes Mitglied des Trompetensatzes hatte sein Mundstück zwischen den Kernölflaschen stehen lassen. Als alte Trompetensau brachte er beim Warmspielen zwar auch ohne Mundstück ein paar Töne heraus, aber selbst ein Ausnahmekünstler wie er hält das nicht auf Dauer durch. Deswegen waren wir dann zu zweit, und es kam zum Showdown: Dritte Trompete Hendrik A., zweite Trompete Ralf H. Mann gegen Mann. Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Es ging los mit Things Ain't What They Used To Be. Das ist für die Trompeten (die bekanntlich auf b gestimmt sind) ein G-Blues. Ich wollte gleich mit einem Solo klare Machtverhältnisse schaffen, aber die schlechten Voraussetzungen (unrasiert, Aua an der Lippe) machten sich bemerkbar: Es war mehr Krächz als Blues, obwohl ich zur Zeit ja allen Grund habe, mich "blue" zu fühlen bzw. blau zu sein.

Als nächstes lag La Almeja Pequena auf, und Ralf ließ in seinem Solo stellenweise den Latin Lover aufblitzen, der in ihm steckt. Also bestenfalls ein Unentschieden mit leichtem Vorteil für Ralf. Nach dem Stück entschied ich mich für eine Pause (wegen des Auas an der Lippe), und das war mein Fehler: Ralf H. forderte den Rest der Band auf, noch einen kompletten (!) Durchgang von La Almeja Pequena zu spielen, und es geschah das schier Unglaubliche: Ralf, als der einzige verbliebene Trompeter, spielte die 2. Trompete, füllte die Pausen durch wiederholtes Wechseln zur 3. Trompete und legte noch ein ausgewachsenes Solo hin. Ich habe anschließend noch versucht, durch einen kurzen Schlagabtausch bei I Remember Clifford Schadensbegrenzung zu betreiben, aber dieser Vorsprung war nicht mehr einzuholen.

Bevor wir zur traditionellen Proben-Nachbesprechung kommen, ein kurzer Exkurs: Leider darf ich hier keine Namen nennen, um nicht in ein schwebendes Verfahren einzugreifen, aber die (wie schon erwähnt als einziger Satz vollständig angetretene) Rhythmusgruppe spielte heute mit einem neuen Musiker. Diesem sei hiermit ein ausdrückliches Kompliment für seine Leistung ausgesprochen. Tja, es gibt eben auch noch Menschen, die Erfolg haben (außer Ralf H.)

Beim Aufbruch zur Nachbesprechung erlitt ich dann die nächste Niederlage. Drei Lokale wurden in die Diskussion geworfen: Die Markstube und das La Tortuga in Walldorf und das Schmidts in Wiesloch (ehemals Alter Schlachthof). Ich sprach mich (bei aller Liebe zum La Tortuga, unserem Stammlokal) öffentlich für einen Testbesuch im Schmidts aus, und flugs wusste Ralf H. zu berichten, dass er dort kürzlich zu speisen geruhte und nicht zufrieden war. Dies führte doch tatsächlich dazu, dass nur noch die Walldorfer Lokationen in die Abstimmung eingingen. Wenn das keine Intrige war, habe ich noch keine geschmiedet.

Bei der Zusammenkunft im La Tortuga (die Abstimmung ging 5:4 aus) führte Ralf das große Wort. Wie er da saß, mit weltmännisch aufgerollten Hemdsärmeln, von seinen letzten Kontakten mit Sponsoren berichtend, wusste ich, dass er zur Zeit unangreifbar ist. Und einer der Anwesenden brachte es auf den Punkt, indem er offen ansprach, dass Ralf H. im Moment deutliches Oberwasser habe. Diese Stellungnahme kam von Harald S., der in diesem Blog zu Unrecht nur selten erwähnt wird, denn in der Tat handelt es sich hier um einen der wichtigsten Köpfe in der Band. Gutaussehend und mit beiden Beinen auf dem Boden stehend (besonders bei seinen glänzenden Soli), handelt es sich hier mit Sicherheit um jemanden, mit dem man auch politisch zu rechnen hat. Aber was kümmert mich das noch.

Also, meine Lieben (Luzie und Frl. Cernatzke): Es sieht so aus, als ob ihr aufs falsche Pferd gesetzt habt. Ralf ist ganz oben, und ich bin raus. Es sei denn, das Ganze ist ein Spiel mit doppeltem Boden, und ich will ihn nur in Sicherheit wiegen, bevor ich ganz groß rauskomme. Schauen wir mal -- in 2008!

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