Aufschlag von unten -- Probe am 23. April 2008

So langsam wird es ernst -- in zwei Wochen spielen wir unser nächstes Konzert auf dem Angelbachtaler Pfingstmarkt. Folgerichtig legte unser CMO Thomas S. heute die Stücke für diesen Auftritt fest und verkündete zu Beginn der Probe, dass wir diese nun nacheinander durchspielen würden. In zufälliger Reihenfolge handelt es sich um: Hay Burner, Moten Swing, Things Ain’t What They Used To Be, Switch In Time, Shaft, Steps In Time, Magnum, Fever, Street Life, Till You Come Back To Me, L-O-V-E, Avalon, Big Time, The Joy Of Cookin’, Hard Sock Dance, Starsky & Hutch, Nostalgia In Times Square, Mr. Walker.

Die Kenner unter Ihnen sehen dieser Aufzählung gleich an, dass eine Menge Gesangsstücke dabei sind. Deswegen war die Probe in zwei Teile gegliedert: Erst kamen die Instrumentalstückte, und nach der Pause die Gesangsnummern mit Beatrix. Der erste Teil war nicht grundsätzlich schlecht, aber es hakte hier und da, und das letzte Instrumentalstück kommentierte Thomas mit einem kernigen "Männer, das klingt ja wie Kraut und Rüben." Macht aber nix, nächste Woche sind Satzproben angesagt, und danach wird alles gut.
Im Gesangsteil gab es auch hier und da Abstimmungsprobleme zwischen der Rhythmusgruppe und dem Gesang, aber Thomas bewertete diese als unerheblich. Für Big Time, meinen heimlichen Favoriten im neuen Programm, hatte ich mir heimlich eine Kopie des Textes mitgebracht, um in den Pausen unauffällig mitzusingen. Das Singen ist mir auch sehr unauffällig gelungen, nur habe ich dann leider sehr auffällig meine Einsätze verpasst. Das muss ich noch üben. Oder einfach sein lassen.

Wirklich außergewöhnlich war heute Abend Thomas' darstellerische Leistung. Er neigt ja ohnehin dazu, die musikalischen Beiträge einzelner Bandmitglieder mit einer teilweise doch recht eigenwilligen Körpersprache zu kommentieren. Heute Abend kam er -- ich weiß nicht mehr warum -- auf die Idee, einzelne Musiker mit bekannten Tennisspielern zu vergleichen, und besonders unser Präsident Ralf H. musste dran glauben. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mir nicht gemerkt habe, zu welchem Vertreter des weißen Sports Parallelen gezogen wurden, aber einer kurzen Onlinerecherche zu Folge könnte es sich um Michael Chang gehandelt haben, mit dem Ralf den "Aufschlag von unten" gemeinsam habe. Was auch immer das bedeuten mag. Das wirklich Witzige an der ganzen Sache war, dass Thomas die Soloeinlagen verschiedener Musiker in typische Tennisbewegungen umsetzte. Beispiel Jens W.: Wenn Jens die Gitarre richtig aufheulen ließ, feuerte Thomas mächtige Aufschläge übers Netz. Zupfte er nur zart an den Saiten, so ließ unser CMO den Ball auch schon mal neben seinen Füßen aufschlagen und ins Aus hüpfen. Und bei diesem ganzen Zirkus hat der Mensch auch noch eine komplette Big Band im Griff! Mit Ausnahme meiner Wenigkeit, denn ich habe mir vor Lachen fast in die Hose gemacht. Es geht doch nichts über konzentrierte Probenarbeit.

Voll bei der Sache war ich allerdings, als Thomas Steps In Time auflegen ließ. Denn hier geschah etwas Unglaubliches. Oder, genauer gesagt, zwei unglaubliche Dinge. Nr. 1: Ich konnte meine Noten nicht finden, obwohl ich doch normalerweise für akribische Ordnung bekannt bin. Nr. 2: Die Band hatte schon losgelegt und ich stand blöde vor meinem leeren Notenständer, als Michael K., 1. Trompete und Satzführer, mir ein Duplikat seiner Stimme vor die Nase setzte. Die 1. Stimme! Ich hatte in 2007 ja gelegentliche Ausflüge in die 2. Stimme unternommen, aber nie lange durchgehalten. Nun aber, seit einigen Wochen mit meiner Geheimwaffe namens Bob (Reeves Nr. 42/M) ausgerüstet, sah ich mich plötzlich zum ersten Mal in meinem Leben mit der ersten Stimme konfrontiert. So eine Chance bekommt ein Trompeter nur einmal in seinem Leben, und so kniff ich die Augen halb zu sowie alle vier Backen zusammen und stürzte mich in das Abenteuer. Und tatsächlich: Selbst auf der Zielgeraden, sprich den letzten beiden Notenzeilen, konnte ich meine Trefferquote bei den eingestreuten Noten in der Höhe eines C3 auf über 75% steigern. In der Prä-Bob-Ära waren es exakt null Prozent.

Insofern war es für mich ein unvergesslicher Abend. Für Stefan P., der heute Abend vor mir saß und meine druckvollen Hochfrequenzwellen ins Genick bekam, vermutlich auch. Denn ich halte mich streng an die sogenannte "natürliche Dynamik" (Kurzdefinition: je höher, desto lauter). Nach der Probe auf diese unglaublichen Ereignisse angesprochen, erläuterte Thomas S. allerdings, dass die Weiheit von den neuen Besen, die immer gut kehren, auch für Mundstücke gelte. Insofern sollte ich die weitere Entwicklung noch ein wenig abwarten, bevor ich nach Stellenangeboten für Leadtrompeter schaue. Es macht ja auch nichts, wenn es ein paar Wochen länger dauert.

Derart auf einer Welle des Erfolgs schwimmend, werde ich allenfalls in einer Fußnote erwähnen, dass El Presidente Ralf H. -- ganz offensichtlich angesichts der nahenden Vorstandswahlen -- längst vergessene Konkurrenzsituationen aus der Mottenkiste holte und auf eine unbedeutende Frage meinerseits, deren Inhalt ich schon vergessen habe (auf dem Weg an die Spitze muss man sich fokussieren), mit lauter Stimme antwortete: "Das hast du nicht mitbekommen. Du bist viel zu langsam." Starker Tobak, nicht wahr? Dabei habe ich ohnehin vor, nach der Wahl weiterhin in der Opposition zu bleiben, denn ich werde mich niemals mit den Stimmen der Linken zum Präsidenten wählen lassen. Nein, Moment, das war eine andere Geschichte. Ist ja auch egal. Wichtig ist: Kommen Sie am 12. Mai in den Angelbachtaler Schlosspark. Erstens ist es dort sehr schön, und zweitens würden Sie sonst nicht nur eine anständige Big Band verpassen, sondern auch den ersten Auftritt, bei dem Beatrix die neuen Gesangsnummern vorstellt. Und das wäre nun wirklich ein Jammer (We'll make a killing / We'll get top billing [...] Big! Big Time! Big Time Gig!) In diesem Sinne -- bis bald!

1 Kommentar:

  1. Hallo Jungs - hallo Hendrik. Ich freu mich auf die Probe und den Gig am Montag! Wenn nur das verdammte Notenkleben nicht noch vor mir liegen würde. Vielleicht findet sich ja noch ein junge hübsche Notenklebeassistentin mit Tagesfreizeit.

    Gruß

    "Jazzy Jens"

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