Der Rhythmus hatte frei: Bläserprobe am 9. April 2008

Alles fing damit an, dass Thomas mich darum bat, der Band noch einmal gesondert mitzuteilen, dass heute eine Bläserprobe stattfinden würde. Eigentlich hätte diese Tatsache allen Musikerinnen und Musikern aus der mehrseitigen und mindestens vierfarbigen Planungsdatei, die ich ständig an alle schicke, bekannt sein müssen, doch es zeigt sich immer wieder, das diese auf begrenztes Interesse stößt. Insofern war Thomas' Vorschlag berechtigt, doch die Mail-Lawine, die darauf bei mir zu Tal ging, kam doch etwas überraschend.

Zunächst der Wortlaut meiner Nachricht:

An: Musikerinnen und Musiker
Betreff: SAP BIG BAND: Probe heute und nächste Woche
Text: Hallo zusammen,

noch mal zur Erinnerung:


- Heute (9. April) findet eine Bläserprobe statt; der Rhythmus hat frei

- Nächste Woche (16. April) machen wir eine Gesamtprobe, ohne Schlagzeug, dafür mit Gesang

Bis heute Abend
Hendrik


Ausgewählte Vertreter der Rhythmusgruppe meldeten sich daraufhin, um ihr Erstaunen über den unverhofft freien Abend zu bekunden, während andere Bandmitglieder ihren Satz für eine Satzprobe mobilisierten, um dann anschließend bei mir zwecks Terminologiediskussion vorstellig zu werden. Dabei stellte sich dann heraus, dass eine "Bläserprobe" stets im Singular daherkommt und nichts anderes als eine Gesamtprobe ohne Rhythmusgruppe ist, während die "Satzproben" normalerweise im Plural auftreten, weil die Trompeten, Posaunen, Saxophone und der Rhythmus ihre eigenen kleinen Proben veranstalten. Gut, dass wir das geklärt haben.

Kurz vor Beginn der Bläserprobe präsentierte ich Thomas stolz meine neue Geheimwaffe, und ich hatte mich auf nervlich darauf vorbereitet, dass er hören wollte, wie ich mit dem neuen Mundstück klinge. Zur Erinnerung: Sinn und Zweck der Anschaffung war, dass ich die hohen Stellen nicht immer drei Oktaven nach unten transponieren muss. Folglich hatte ich für Demonstrationszwecke eine doppelte Tonleiter von C0 bis C2 einstudiert. Was Thomas dann aber hören wollte, war eine chromatische Tonleiter von C1 bis C2. Damit brachte er mich derart aus der Fassung, dass die Vorführung vollkommen in die Hose ging. Ein Fiasko also? Nicht ganz, denn beim Spiel im Satz zeigte sich dann doch, dass die Investition sich gelohnt haben könnte, denn bis zum letzten Stück konnte ich mich immer wieder über das A2 hinausschwingen. Oder sagen wir hinaushangeln, die Eleganz fehlte teilweise noch. Allerdings konnte Ralf H. heute leider nicht dabei sein, so dass ein abschließendes Urteil natürlich noch aussteht.

Ersparen wir uns heute eine Detailanalyse der Stücke. Gespielt haben wir:
  1. The Joy of Cooking
  2. L-O-V-E
  3. Hard Sock Dance
  4. Till You Come Back To Me:
Es war heute vielleicht noch nicht der letzte Woche herbeigesehnte Durchbruch, aber einige Kommentare unseres CMOs Thomas S. zeigen doch, dass wir auf dem richtigen Weg sind und das neue Programm Anfang November stehen wird wie eine Eins:
  • "Na ja, wenn das bis nächste Woche nicht wieder alles vergessen wird, OK" (zu Nr. 1)
  • "Erstaunlich erstaunlich erstaunlich erstaunlich -- haben wir aber ja auch schon lange geübt" (zu Nr. 3)
Das wirklich Erbauliche an der heutigen Probe war aber, dass unser CMO nach der kleinen Kunstpause letzte Woche wieder zur Hochform auflief, und interessante Details in seine Anweisungen einzubauen wusste. So erarbeiteten wir gemeinsam die Tatsache, dass ein weiblicher Fuchs von Experten nicht etwa als "Füchsin" bezeichnet wird, sondern als "Fähe" (so wie der Fachmann einen weiblichen Elefanten auch nicht als "Elefantin", sondern als "Kuh" bezeichnet). Schließlich haben wir einschlägiges Expertenwissen in der Band vorzuweisen, und Thomas versteht es eben, solch ein Potenzial auch zu nutzen. In dieser Beziehung ist er wirklich ein Fuchs. Bitte fragen Sie aber nicht, wie wir auf dieses Thema kamen -- gerade im Jazz sollte freies Assoziieren ja seinen Platz haben.

Dieser unterhaltsame Aspekt der Probenarbeit stellt aber leider auch ein Manko für den Berichterstatter dar, denn die meisten Themen, die heute zwischen zwei Takten diskutiert wurden, können hier unmöglich wiedergegeben werden. So streute Thomas die eine oder andere Anekdote aus seinem bewegten Leben ein, über die unbedingt der Mantel des Schweigens gedeckt werden muss – auch im Interesse unserer Leser. Und abgesehen von Thomas, der als Person des öffentlichen Interesses ja einiges aushalten können muss, gilt – und hier werde ich zur Abwechslung mal ernst – in diesem Blog ein Grundsatz: Niemand aus der Band sollte Bedenken haben, hier ernsthaft lächerlich gemacht zu werden oder Dinge lesen zu müssen, die hier nicht hingehören. Und wenn im Eifer des Gefechts doch einmal etwas daneben geht, so ist das auch schnell korrigiert. Das heißt aber auch, dass die vergnüglichen Schlagabtausche, die Thomas sich mit den Musikerinnen und Musikern zu liefern pflegt, hier in der Regel nicht wiedergegeben werden. Was sich im Umkehrschluss aber auch positiv wenden lässt: Wer das Privileg hat, in dieser Band mitspielen zu dürfen, und nicht zur Probe kommt, hat Pech gehabt.

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