Stell dich deiner Angst! Probe am 18. Februar 2009

Die Zeit läuft! Am Wochenende des 21./22. März spielen wir unsere neue CD ein, und so langsam macht sich Nervosität breit. Werden wir die neuen Stücke rechtzeitig auf dem Kasten haben? Werden alle gesund und munter bleiben, oder müssen wir in letzter Minute noch Gastmusiker anheuern? Und werden wir es schaffen, am zweiten Aufnahmetag pünktlich zum "Tatort" zu Hause zu sein? So manche Frage dieser Art treibt uns um in diesen närrischen Tagen, und da ist es doch gut, in unserem CMO Thomas S. einen Steuermann zu haben, der mit uns jede Klippe sicher umschifft.

Wie Sie als aufmerksame Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen, wird die neue Platte ein Latin-Album werden, und da darf natürlich auch der Salsa nicht fehlen. Heute Abend eröffnete Thomas uns, dass er in seiner Jugend, als die anderen Jungs alle viel cooler waren als er (was heute kaum noch vorstellbar ist), unglaublich viel Salsa spielen musste. Deswegen sei der eigentliche Grund, mit uns eine Latin-Scheibe aufzunehmen, ein therapeutischer, getreu dem Motto "Stell dich deiner Angst!" Wir sind natürlich froh, dass wir helfen können. Die paar tausend Euro, die wir in die Aufnahme stecken, sind es allemal wert. Abgesehen davon wird die Platte sich sicher phänomenal verkaufen. Der Break-Even (den Begriff verwende ich jetzt nur, um Ralf zu beeindrucken) ist schon fast in Sicht.

Kommen wir zum Musikalischen. Es ging los mit A Night in Tunisia, und nach dem ersten Durchgang gab es von Thomas leider nur ein "Bisschen zählen, wir spielen es ja nicht zum ersten Mal". Ich persönlich erhielt natürlich noch eine Extra-Lektion von Ralf, in der es mal wieder um die Tugend der kurz gespielten Note im Latin ging. Ich hörte die Worte wohl, doch im nächsten Durchgang geriet mir an entscheidender Stelle eine kurz zu spielende Viertel (bap) wiederum zu lang (baaahhpp), und ich konnte aus dem Augenwinkel beobachten, dass Ralf wie unter einem Peitschenschlag zusammenzuckte und dann vor Grauen erstarrte. Zumindest hat er mir aber nicht den Ellbogen in die Seite gerammt. Ich muss mir da unbedingt was einfallen lassen. Vielleicht spiele ich einfach alle Noten als kurze Viertel? Mal sehen.

Es ging weiter mit Vamos A Bailar. Ich weiß immer noch nicht, was das heißt, mir sagt ja keiner was, aber ich werde es schon noch herausfinden. Nach knappen 4 Takten winkte Thomas ab und sagte: "Das langt schon, das schläft schon ein." Ich muss leider berichten, dass er sich mit dieser Kritik an die Rhythmusgruppe wandte. Allerdings muss man das in der richtigen Relation sehen. Ich wäre froh, wenn ich meine Trompete ansatzweise so spielen könnte, wie Jens W. seine Gitarre, Frank W. sein Nord, Olli B. seine Drums und Heinz W. seinen Bass. Die Jungs sind super, und wenn Thomas sie kritisiert, dann schon eher auf der künstlerischen Ebene. Und tatsächlich, beim nächsten Versuch hatte es noch mehr Drive, und ich musste in den Pausen, in denen meine Trompete normalerweise auf einem Ständer auf dem Boden steht, sehr aufpassen, denn El Presidente Ralf H. konnte nicht umhin, das Tanzbein zu schwingen.

Die vier Rhythmiker heißen seit heute Abend übrigens anders: Heinz 1, Heinz 2, Heinz 3 und Heinz 4. Und das kam so: Thomas ließ eine schwierige Stelle nur von den Bläsern proben, und sagte dann vor dem nächsten Durchgang: "Und jetzt kommt 'Heinz der Zerstörer' dazu." Prompt nahm Olli B. seine Stöcke in die Hand und haute mit Leidenschaft auf seine Trommeln. So kam Heinz 2 auf die Welt ("Sag mal, heißt du auch Heinz?"), und da Thomas keine halben Sachen macht, taufte er den Rest der Rhythmusgruppe auch gleich um. Das ist gar kein schlechtes Konzept, oder? Vielleicht sollten wir uns im Trompetensatz auch alle umbenennnen? Zum Beispiel in Toni 1-6. Zumindest passt der Name auch zum weiblichen Geschlecht, und Thomas hätte bei Auftritten viel weniger Stress, wenn er die Musikerinnen und Musiker vorstellt. Die Saxophone müssen sich dann noch entscheiden, wie sie heißen möchten (z.B. Paul oder Clemens), und dasselbe gilt für die Posaunen. Ich werde das mal anregen.

Wir hielten uns übrigens recht lange mit diesem Stück (Vamos A Bailar) auf, und irgendwann erklärte Thomas die "Positionierungsphase für Soli" (auf der CD-Aufnahme) grundsätzlich für eröffnet, konnte bei den spontanen Meldungen aber mühelos den Überblick behalten, denn sie waren an einem Finger abzuzählen. Er hält aber nach wie vor seine Kontonummer bereit, um Input für die Vergabe der vorderen Listenplätze zu erhalten. Auch Negativmeldungen ("bloß kein Solo") sind zur Zeit noch relativ günstig zu haben.
Unser CMO rief die Bläser heute Abend dazu auf, "mit einem Schuss Leidenschaft" zu spielen, und diese zeigte Ralf auch prompt, als er bei einer missglückten Stelle einen wütenden Fußtritt in Richtung Notenständer ausführte und nach dem Abbruch des Stücks weiterhin lautstark seinen Unmut äußerte. Als er daraufhin von Thomas zur Ordnung gerufen wurde, erklärte er, dass er sich gerade über sich selbst geärgert habe. Thomas erwiderte feinfühlig: "Na und, ich ärgere mich nun schon seit 9 Jahren über dich." Man kann nur sagen: Das war mal wieder das richtige Wort zur richtigen Zeit, denn im nächsten Durchgang klang Ralf noch viel besser. Ich könnte jetzt kleinlich sein und anmerken, dass er die "Ich-tue-so-als-ob-ich-vor-Wut-gegen-den-Notenständer-trete"-Geste von mir abgeschaut hat, aber sei's drum. Es ist ja letztendlich auch eine Ehre für mich, wenn er anfängt, mich zu kopieren, und es zeigt, in welche Richtung die Machtverhältnisse in der Band sich entwickeln. Schließlich sind bald wieder Vorstandswahlen, und irgendwann muss man seinem Ruf an die Spitze auch mal folgen.
Am Ende des Stückes (wie sind immer noch bei Vamos A Bailar ...) konnte Thomas sich tatsächlich zu einem Urteil durchringen, mit dem wir zufrieden sein können: "Nicht schlecht, das passt." Na also! Leider konnte er es sich nicht verkneifen, vor dem letzten Durchgang einen weiteren Pfeil in Richtung Ralf abzuschießen. Dieser hatte sich für einen winzigen Moment in bequemer Salsa-Haltung an die Tür gelehnt, die sich im Rücken des Trompetensatzes befindet. Wir müssen uns ja alle mal ausruhen. Sind ja schließlich keine Zwanzig mehr. Sofort kam von vorne ein "Ralf, geht es noch mit dem Stehen?" Und Helmut G., der heimliche Solo-Star an der Posaune, wusste ein soldatisches "Die Tür steht auch ohne Sie" beizusteuern. Liebe Leserinnen und Leser, ich frage Sie: Ist das fair gegenüber unserem Noch-Präsidenten? Sollte man diesem Mann nicht einen Bambi für sein Lebenswerk verleihen und einen eleganten Wechsel in die Position des Alterspräsidenten ermöglichen? Also ich fände das mehr als fair.

Am Ende der Probe stand eine Komposition unseren neuen Saxophonisten, Peter H. Das Stück heißt Why Not, und Peter gibt den Fertigstellungsgrad einer Komposition offenbar gerne in Prozentwerten an. In der letzten Tuttiprobe vor zwei Wochen gab es Why Not 95%. Heute diskutierte Peter vor der Probe mit Thomas die Feinheiten einer leicht geänderten Version, und als das Stück ausgeteilt wurde, handelte es sich um Why Not 95.5%. Ich bin nicht vollkommen sicher, wo ich das geänderte halbe Prozent verorten muss, aber es klang nach wie vor gut. Wir können trotzdem nur hoffen, dass sich die Entwicklung des Stücks auf eine Nachkommastelle beschränken wird, denn sie wissen ja: In vier Wochen ist Showtime.

Der Abend ging mit einer Proben-Nachbesprechung im Tournedo zu Ende, bei der auch die Bilder dieses Beitrags geschossen wurden. Lauter schöne Menschen! Die Diskussionen, die wir führten, werde ich hier nicht wiedergeben. Es handelt sich um einen Haufen langweiliges, intellektuelles Zeug und ist nicht der Rede wert.

3 Kommentare:

  1. Hallo liebe SAP BB,

    erfreulich die Neuigkeiten, die neue CD ist in Sicht!

    Allerdings war ich gerade eben beim Lesen des letzten Beitrags hinreichend verwirrt - habe ich doch tatsächlich eine Wertung am Ende des Beitrags abgegeben und mich, ohne den vorherigen Blog-Eintrag gelesen zu haben, gewundert warum "super (5)" und dann "gut danke (1)" steht - meine spontane Interpretation der Zahlen war mehr eine Wertigkeit und es schien mir nicht verständlich warum die Zahlen zwischen 5 und 1 ausgelassen wurden. Aber das lag ganz eindeutig an mir, da ich 1) eh nicht der Typ bin, der Gebrauchsanweisungen liest sondern Dinge intuitiv bedient und 2) sehr schnell gemerkt habe, dass sich eine Zahl verändert hat und das nur bedeuten kann dass ...

    Ach ja, ich wollte auch noch was zum Blog allgemein sagen - Du hast ja explizit nach Feedback gefragt: die Bilder finde ich echt super, sie geben einen unverfälschten, vielleicht lediglich leicht pixeligen Eindruck Eures Künstlerdaseins, man sieht auch sofort und eindeutig die unterschiedlichen Charaktere und wie Eure emotionale Lage ist - vom Denker in Kontemplation versunken bis hin zu fröhlich trinkenden Musikern ... Und so gestattet mir zum Schluss eine Frage (ich bin nicht en detail vertraut mit Euren Mit-Musikern): die beiden Bilder mit den Mann-Frau-Kombinationen, bedeuten sie etwas - oder sind sie schlicht Zufallsprodukte und wir sehen im nächsten Beitrag neue Paarungen (Achtung: wer wird als weibliches Wesen nicht dem Charme des Präsidenten verfallen!!)

    In diesem Sinne viele Grüße!

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  2. Welcome back - liebes Fräulein Czernatzke, schön, dass Sie wieder mal schreiben.

    Besuchen Sie uns doch mal bei einer Probe am Mittwoch im SAP Schulungszentrum in Walldorf.

    Herzliche Grüße, Toni

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  3. Lieber Toni,

    ja, ich finde es auch sehr schön wieder zurück zu sein ... (und lieber Hendrik, danke für die Erwähnung direkt im Blog :-)

    Danke für die nette Einladung zur Probe. Das bringt mich natürlich ins Grübeln ...... und selbstverständlich werde ich somit nicht umhin können meinen doch recht vollen Terminkalender zu konsultieren, aber ich muss es Ihnen gleich sagen, das sieht nicht gut aus. Wissen Sie, so als berufstätige Frau - nein, falsch, als erwerbstätige Frau (ja, der Unterschied ist das Geld, das man bekommt oder eben nicht - glaube ich zumindest), - ist es nicht leicht einen freien Termin zu finden, wissen Sie, auch der Haushalt wartet nicht - und da gibt es noch weitere Verpflichtungen (und bitte denken Sie jetzt nicht, ich sei keine emanzipierte Frau! - im Gegenteil, das möchte ich betonen!)
    Auch ist der Wochentag nicht ganz passend, aber vielleicht könnte die BB ja mal einen anderen Wochentag zur Probe nutzen!?
    Nun, ich hoffe Sie sehen, dass mich die Einladung sehr gefreut hat, ich sie ernst nehme und versuche Lösungswege zu finden.

    EIn bisschen abgelenkt bin ich allerdings auch von dem Rätsel des Beitrags vom 25.2.2009, das ich eben erst gelesen habe und das mich sehr beschäftigt - und ich würde da gerne einen Experten zu Rate ziehen - ich bin nicht sicher, welche der angegebenen Alternativen die Richtige ist. VIelleicht schaffe ich es doch noch rechtzeitig das Rennen gegen die Zeit zu gewinnen und herauszufinden, was der allseits geschätzte Präsident mit dem Zeichen in den Noten meint ..... aber die Zeit drängt und ich möchte ungern eine falsche Lösung in einem offiziellen Blog angeben. Ich habe mir den Kopf zerbrochen und werde jetzt erstmal eine Mütze Schlaf nehmen, vielleicht kommt dann der Gedankenblitz und ich gewinne die CD ....

    Mit nächtlichen Grüßen, Frl. C.

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