Wir machen mal was anders: Probe am 2. Dezember 2009

Meine Lieblingsleserin in diesem Blog heißt Fräulein Czernatzke. Sie macht sich zwar manchmal etwas rar, doch künstliche Verknappung erzeugt ja bekanntlich nur noch mehr Nachfrage. Zu meinem Probenbericht vom 25. November 2009 hat sie übrigens wieder einmal einen Kommentar hinterlassen, was mich natürlich sehr gefreut hat. Und das, obwohl dieser Kommentar durchaus kritisch war: das gute Fräulein machte sich Sorgen, weil das SAP-Gebäude Nr. 8 in Walldorf nur unzureichend mit Plakaten für unseren Auftritt nächste Woche versorgt war.

Leserkommentare nehme ich natürlich äußerst ernst, und so begab es sich, dass ich heute meine Mittagspause damit verbrachte, Plakate in Gebäude Nr. 8 zu kleben. Dabei wurde ich von einer Kollegin angesprochen. Die Unterhaltung verlief etwa so:

Sie: "Spielst du da mit, in der Bigband?"
Ich: "Ja."
Sie: "Was spielst du denn?"
Ich: "Trompete."
Sie: "Echt, ist ja cool!"
Ich: "Jaha."
Sie: "Wer ist denn euer Bandleader?"
Ich: "Thomas Siffling."
Sie: "Hat der was mit dem bekannten Trompeter zu tun?"

Daraufhin wurde ich etwas gesprächiger und prahlte damit, dass es sich bei unserem Bandleader und Chief Musical Officer (CMO) um genau diesen bekannten Trompeter handelt. Dazu passt, dass Thomas seit heute auch auf Twitter unterwegs ist. Achteinhalb Jahre Leiter einer Software-Bigband zu sein, färbt eben ab. Wobei ich den Eindruck habe, dass die Musiker und andere Künstler mit den neuen Sozialmedien wesentlich cooler und entspannter umgehen als der typische SAPler. Meine erste Amtshandlung, als ich nach der Probennachbesprechung zu Hause ankam, war natürlich, mich in die illustre Schar von Thomas' Followern auf Twitter einreihen. Wobei das eigentlich der falsche Ausdruck ist, denn ich war der Erste. Sonst war noch niemand da. Also, liebe Leserinnen und Leser, nicht verpassen: @siffling ist der Twittername. Wir sind schon gespannt auf die ersten Tweets.

Kommen wir zum musikalischen Teil: Heute Abend fand die Generalprobe für unseren SAP-internen Auftritt nächste Woche statt, bei dem wir unsere aktuelle CD, No More Blues, vorstellen werden. Thomas forderte uns beim ersten Stück, Cubano Chant, dazu auf, mit "disziplinierter Spielfreude" zu Werke zu gehen. Meine persönliche Meinung: Wenn es nächste Woche so gut klappt mit Disziplin und Spielfreude wie heute, können wir zufrieden sein. Natürlich durften aber Last-Minute-Änderungen nicht fehlen. Das Programm hatte unser CMO, entgegen seinen Gewohnheiten, schon frühzeitig umgeschmissen und neu geschrieben (was aber nicht heißt, dass es nicht kurz vor dem Auftritt noch mal passieren wird). Es gab aber noch weitere Änderungen: Heute winkte Thomas beim zweiten Stück, El Centro, mittendrin ab und rief: "Wir machen mal was anders! Das mit den Backings [Begleitung eines improvisierenden Solisten, -Red.] ist Quatsch." Natürlich ist es das! Wie konnten wir das übersehen, wo wir diese Backings nun schon seit über einem Jahr spielen. Aber egal, das eigentliche Highlight bei diesem Stück - Backings hin oder her - war das Klaviersolo von Frank W. Gut, dass er sich vor einiger Zeit ein Nord gekauft hat. Ein Billigpiano wäre unter seinen wuchtigen, südamerikanisch angegroovten Tastenhieben gleich zusammengebrochen.

Beim nächsten Stück, Why Not, erhielten die Posaunen ein Sonderlob von Thomas: "Posaunen, sehr schöne drei und vier, sehr gut!" Dieses Lob wiederholte er sogar am Ende der Probe noch einmal. Das weckt natürlich Neidgefühle, aber auf der anderen Seite hat er recht: Seltene Ereignisse muss man hervorheben.
Pavlov nennt das "Lernen am Erfolg", und wenn es dem Gesamtergebnis dient, bin ich gerne bereit, die alte Feindschaft zwischen Trompeten und Posaunen für einen Moment zu vergessen und mich mit diesen hinterhältigen, ventillosen Gesellen über das Lob vom Chef zu freuen. Glückwunsch. Tolle Sache, das. Beim selben Stück spiele ich übrigens ein Trompetensolo (ich glaube, ich erwähnte es bereits einmal), und Thomas kommentierte meine heutige Performance mit: "Gut, aber du musst dich daran aufgeilen, dass du einen geilen Ton hast." OK. Diesen Ratschlag muss man natürlich erst einmal in seiner ganzen Tiefe ermessen und verstehen (ich freue mich wirklich sehr auf Thomas' zukünftige Tweets), aber ich werde mich nächste Woche aufs Beste bemühen. Wenn Sie also während meines Solos ein leichtes Zittern bemerken, wissen Sie, warum.

Das Allerwichtigste an der heutigen Probe war, dass unsere wunderbare Sängerin Beatrix A. wieder dabei war. Wir haben die Gesangsnummern ja auch schon letzte Woche geübt, aber mit ihr ist es einfach viel schöner. Thomas verließ bei Street Life auch gleich voller Begeisterung sein Pult, drang in die Rhythmusgruppe ein und schraubte den Notenständer von Heinz W. so hoch, dass dieser aufstehen musste. Dann führte Thomas ihm sein berühmtes Luftbassgitarrenspiel vor und brachte die Stimmung damit natürlich zum Kochen. Trotzdem kümmerte er sich auch um die leisen Töne und sang Beatrix die schwierigen Stellen sogar vor:



Das hat auch wirklich etwas gebracht - der letzte Durchgang des Stücks war noch besser als die anderen. Der Ton der folgenden Aufnahme gibt allerdings nur sehr unzureichend wieder, was nächste Woche auf das Publikum zukommt:



Wie Sie seit letzter Woche wissen, hat Konsul Toni D. eine neue Tradition eingeführt: Er spielt nach dem offiziellen Ende der Probe immer eine Weltmelodie auf seiner Trompete. Vorschläge für zu spielende Melodien nimmt er gerne über Kommentare in diesem Blog entgegen, und in dieser Woche machte Santa Lucia das Rennen (in aller Bescheidenheit: es war mein Vorschlag). Leider gab es bei der Vorbereitung eine kleine Panne, so dass Toni heute Abend Santa Maria von Roland Kaiser zum Besten gab. Das ist natürlich nur etwas für Experten. Er ließ sich allerdings kurzfristig überzeugen, das Stück zu wechseln. Nachdem ich ihm ein paar Takte von Santa Lucia vorgesungen hatte, nahm er die Melodie mit Leichtigkeit auf, und die goldene Trompete erschallte weit über die Dächer von Walldorf hinaus, wandte sich gen Süden und verlor sich im sanften Abendhimmel in Richtung Italien. Oder Österreich. Auf jeden Fall Süden.

5 Kommentare:

  1. Klarer Fall, dass der nächste Titel zum Einspielen oder als Weltmelody "I will follow him" sein wird :-)

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  2. Danke für die schöne Idee.
    I will follow him
    ist nett, aber das hinter diesem Link http://www.youtube.com/watch?v=H4l3Rgq-L1M

    ist eine Weltmeldodie.
    Goldenetrompetensoudige Klänge
    Toni

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  3. Wie war eigentlich der SAP interne Auftritt?
    Wo bleibt der Bericht? ;-)

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  4. Hallo Saxonaut,

    der Auftritt war super, aber ich habe mich dazu entschlossen, nicht darüber zu berichten. Zu viel Eigenlob ist nicht gut :)

    Heute Abend ist der letzte Auftritt für dieses Jahr (ebenfalls SAP-intern), dann ist kurz Pause, und im Januar gibt es wieder Probenberichte.

    Alles Gute und schöne Feiertage!
    Hendrik

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  5. Schön, dass der Aufritt erfolgreich war.
    Dann viel Erfolg und viel Spaß heute Abend.

    Schöne Feiertage.

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