Dicke Zigarren sind ungesund, aber zu besonderen Anlässen tauchen sie auch bei uns auf. Also abgehakt. Riesige Instrumente haben wir auch ein paar, wobei die neuen Drums von Olli B. kleiner aussehen als die alten. Man hört ihn aber immer noch gut, insofern auch kein Problem. Guten Wein gibt es oft nach der Probe, um die dürren Trompeterlippen zu benetzen. Also auch hier alles OK. Ein wirklich dunkler Punkt, an dem wir arbeiten müssen, sind die schnellen Autos. Während unser CMO immer noch Porsche fährt, findet man in der Band ansonsten eher Produkte aus dem Nutzfahrzeugbereich. Ford Galaxy, VW Caddy und so weiter. Praktisch? Ja, sicher. Stylish? Fehlanzeige. Allenfalls Paul C. weiß mit seinem weißen Volvo XC noch gewissen Akzente zu setzen.
Heute morgen reichte das Schicksal mir aber die Hand und gab mir Gelegenheit, diesen unrühmlichen Zustand zumindest für eine gewisse Zeit zu beenden. Mein VW Caddy musste zu einem Übernachtungsaufenthalt in die Werkstatt. Deswegen hatte ich schon am Montag mit meinem Standardspruch einen Leihwagen bestellt ("Wir haben Kinder, bitte keinen Smart"). Heute stand ich dann pünktlich um 8.00 Uhr beim Autoverleiher, und die freundliche Dame hinter dem Tresen sagte: "Ich habe gerade leider keinen Kombi da. Aber ein Mercedes, C-Klasse, wäre verfügbar. Ginge das auch?"
Es gelang mir, mehr oder weniger weltmännisch zu nicken, so dass ich kurze Zeit später mit einem Mercedesschlüssel in der Hand aufbrechen konnte. Nun kennt man mich ja gemeinhin nicht als Auto-Freak, aber trotzdem könnte man sagen, dass für mich ein Wunsch in Erfüllung ging, denn wenn ich keine Familienkutsche benötige würde und gewisse Budgetrestriktionen aufgehoben wären, würde ich mich durchaus mit einem Mercedes anfreunden können. In meiner Aufregung ließ ich übrigens meinen Trompetenkoffer im Autoverleih stehen, so dass ich die freundliche Dame hinter dem Tresen einige Zeit später noch einmal begrüßen konnte (die Trompete war zum Glück noch da).
Ich fand den Wagen auf dem Parkplatz, stieg ein, suchte die Kupplung, fand sie nicht und plötzlich wurde mir klar, dass heute nicht nur ein, sondern zwei Wünsche in Erfüllung gehen würden: einmal Automatik fahren. Das wollte ich schon immer mal ausprobieren.
Nachdem ich mich auf dem Parkplatz mit der Bedeutung von P, R, N und D vertraut gemacht hatte, setzte ich ein möglichst cooles Mercedesfahrergesicht auf und schoss wie eine Rakete über die Dietmar-Hopp-Allee. Oder sagen wir, fast wie eine Rakete, denn mitten auf der Kreuzung ertönte ein Warnsignal, und der Bordcomputer forderte mich dazu auf, die Handbremse zu lösen. Ein instinktiver Handgriff nach rechts landete erst auf der Armlehne, dann auf dem Getränkehalter, so dass ich meine erste Mercedesfahrt sehr schnell wieder unterbrechen musste, um die Handbremse zu suchen (im Gegensatz zur Kupplung war sie tatsächlich vorhanden, aber gut versteckt). Aber was soll's, aller Anfang ist schwer, und nach der ersten Testfahrt stand einer stylishen Ankunft bei der heutigen Probe nichts mehr im Wege. Leider hat mich niemand gesehen.
Auf dem Programm standen heute Abend die Stücke für einen SAP-internen Auftritt am 9. Dezember, bei dem wir unsere CD No More Blues vorstellen werden. Ich würde Sie nur langweilen, wenn ich nun jedes einzelne Stück beschreiben würde, und überraschenderweise haben viele davon auch gut geklappt. Auf der anderen Seite wäre es ja erschreckend, wenn wir völligen Schrott gespielt hätten - schließlich haben wir dieselben Stücke vor einigen Monaten im Studio eingespielt. Lassen Sie uns also nur punktuell über einige Nummern sprechen.
Cubano Chant
Dies war das erste Stück heute Abend, und dummerweise hatten sich meine Mitstreiter im Trompetensatz verspätet, so dass ich den ersten Durchgang alleine spielen musste. Früher, als ich meine Grenzen als Trompeter noch nicht ausgelotet hatte, hätte mich so eine Situation in Angst und Schrecken versetzt. Heute meistere ich solche Gelegenheiten mit einem ausreichenden Maß an Fatalismus ("perfekt ist anders"), und siehe da: Thomas konnte sich zu einem großzügigen Kommentar durchringen ("Nicht schlecht dafür, dass du alleine warst. Eine Stelle war ein bisschen daneben.") Zum zweiten Durchgang stieß Konsul Toni D. dann zu mir und spielte aus dem Stegreif auf dem kalten Horn die 1. Stimme. Warmspielen ist eben doch was für Weicheier oder Deutsche. In einer Pause bewies Toni außerdem, dass er die hohe Kunst der österreichischen Diplomatie bis zur Vollendung beherrscht. Er näherte sich taktvoll, lächelte und flüsterte: "Wenn du möchtest, könntest du leiser spielen als ich." Der Grundsatz "niemals lauter als die 1. Trompete" ist in unserer Band ein eherner, ab so charmant hat ihn mir noch niemand nahegebracht.
Why Not
Bei diesem Stück ergab sich eine interessante Konfrontation zwischen El Presidente Ralf H. und CMO Thomas S. Der CMO gab für den Soloteil nämlich noch einmal detaillierte Anweisungen für die Backings (das ist Jazz-Speak für die Begleitung des Solisten) im Trompetensatz. Ralf behauptete daraufhin, dass man diese Stelle schon immer und ausnahmslos richtig gespielt habe - die Wahrheit, so Ralf, müsse hier ans Licht. Thomas wagte es trotzdem, Zweifel zu äußern, und als man schon glaubte, ein Kampf der Titanen sei dabei, sich zu entwickeln, verpuffte die Diskussion im Nichts. Ich glaube, wir sind alle ein bisschen müde. Mich selbst betraf die Auseinandersetzung allerdings auch nicht, denn bei diesem Stück habe ich die Ehre, das erste Solo zu spielen. Während des zweiten Solodurchgangs (ausgeführt von Peter am Saxofon) müsste ich die Backings zwar theoretisch spielen, aber ich nutze die Zeit meistens, um mich vom Solo zu erholen. Es ist zwar nicht so, dass ich besonders laute, hohe oder sonstwie anspruchsvolle Soli spiele. Beim Trompetenspielen strengen mich aber schon die kleinsten Dinge unheimlich an.
Wenn ich Solo spiele, gibt es normalerweise eine von zwei möglichen Reaktionen unseres CMOs: (1) Ein Lob oder (2) nichts. Ich vermute, dass er mit der zweiten Variante auf taktvolle Art und Weise sagen will, dass es für ein Lob leider nicht gereicht hat. Heute war so ein Abend. Bei der Nachbesprechung im La Tortuga sprach ich ihn darauf an, und er sagte, als ob er nicht dabei gewesen wäre: "Du hast heute Abend sicherlich ein gutes Solo gespielt." Aber was soll's, man kann nicht immer gewinnen, und am 9. Dezember werde ich sie alle wegpusten. Ich sag nur, bis zum hohen H. Oder B. Was weiß ich.
Street Life
Leider konnte unsere Sängerin Beatrix A. heute Abend nicht dabei sein, so dass wir die Gesangsnummern für den 9. Dezember instrumental spielen mussten. Ihr Fehlen erzeugte natürlich ein gewisses Vakuum, so dass man häufiger Pfeifen, geraunte Gesänge oder sonstige Vokalimitationen hörte - alles leider nicht sehr kunstvoll, aber zumindest von der Lautstärke her im Rahmen. Bis Street Life aufgelegt wurde. Diese Nummer verbreitet einfach instantanen Frohsinn, der sich natürlich musikalisch besonders gut ausdrücken lässt. Deswegen begannen Toni D. und Ralf H. im ersten Teil (wo die Trompeten normalerweise Pause haben), mit ihren Hörnern den Gesangspart frei zu interpretieren. Nun sind die beiden ja absolute Ausnahmetrompeter, so dass ich mir überhaupt nicht erklären kann, warum Thomas sich dabei die Ohren zuhielt. Ich finde das schon ein bisschen gefühllos. Auf der anderen Seite kann man ihm nicht böse sein, denn er nutzte diese Nummer dazu, um wieder einmal zu beweisen, dass er die beste Luftbassgitarre in Europa spielt. Da quillt der Funk wirklich aus jeder Pore. Respekt.
In den vergangenen Wochen hat Toni damit begonnen, eine neue, sehr schicke Tradition einzuführen: Nachdem die Probe offiziell beendet war, gab er auf seiner goldenen Trompete eine sogenannte Weltmelodie zum Besten (zum Beispiel die Dolannes-Melodie am 23. September). Heute Abend wollte aber unerklärlicherweise niemand zuhören, so dass er sich nur mit einem kurzen Tusch verabschiedete. Also, Toni, mein Liaber, i hätt dir ganz arg gern zug'hört. Ich glaube, der Deimel Anton könnte auch im Unterhaltungsfach ein ganz ein Großer werden. Für nächste Woche wünsche ich mir den Refrain von Santa Lucia (wenn Sie es nicht aushalten, bitte bis 0:40 vorspulen).
Der Abend ging in unserem Lieblingslokal beschaulich zu Ende. Auf der Fahrt nach Hause regnete es. Kein Stern war zu sehen. Halt, Moment, das stimmt nicht ganz. Einer war doch da und geleitete mich sicher nach Hause. Also, ich muss sagen, als Zweitwagen könnte ich mir den C180 durchaus vorstellen (auch wenn Thomas meint, dass ich ein Golf-Typ bin). Alles eine Frage des Budgets. Leider.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
AntwortenLöschenganz so neu ist die Tradition "Weltxy" bei der SBB ja nicht. Wir hatten schon Weltspitzenweine, Weltmelodien, Weltfirma, weltmännisch, weltfrauisch (gibt es das Wort überhaupt?), etc. In einer Weltfirma mit Weltspitzenleuten ist das halt so.
Mein globales/Welt-Motto:
Think global(=Weltmelodie im Kopf) act local(=Trompete spielen)
Also, die Frage in die große Runde:
Welche Weltspitzenmelodie soll bei der nächsten Probe auf der goldenen Trompete lokal erklingen?
Goldenetrompetensoundige Klänge,
Toni D.
P.s.:
Ich frage mich auch, kann man eine Tradition einführen, oder kann etwas nur zur Tradition werden?
Hallo Bigband,
AntwortenLöschenHeute habe ich, wenn auch nicht ständige Aktivistin in diesem blog, so doch großer Fan der BB, voller Entsetzen und nur durch einen großen Zufall festgestellt, dass es ein Plakat gibt, dass einen Konzerttermin von Euch ankündigt. Aber es ist GENAU EIN Plakat. Ich bin in meinem Umfeld rumgelaufen, habe kein weiteres entdeckt. Auch an anderer Stelle – keine weiteren Plakate. Hat das Geld nur für eins gereicht? Und was ist der Grund, dass das eine Plakat ausgerechnet in einem eher nicht stark frequentierten Bereich aufgehängt wurde (wie gesagt, ich selbst kam da heute nur durch einen riesigen Zufall vorbei)? Wollt Ihr keine Zuschauer/-hörer?
Ganz herzlichen Grüße von einer ratlosen Frl. C.
zum PS von Toni: man (und auch frau) kann eine Tradition etablieren, aber bedenke: SELBST kann man/frau zum Denkmal werden :-)
Liebes Fräulein,
AntwortenLöschenIhre Sorge um uns ehrt Sie, doch allein es lohnt sich nicht. Das Gebäude, welches bisher nur mit einem Plakat versehen ist (Nr. 8 in Walldorf, richtig?), fällt in meinen Zuständigkeitsbereich. Ich werde dort morgen Abend eine groß angelegte Plakatoffensive starten.
Beste Grüße
Hendrik