Sofortiger Liebesentzug: Probe am 19. März 2008

Die heutige Probe schloss sich nahtlos an letzte Woche an: Es ist immer noch ein Haufen neuer Stücke, durch die wir uns erst einmal durchbeißen müssen. Die neuen Nummern hat offenbar jemand ausgesucht, der auf Sammy Nestico und Quincy Jones steht. Was ja kein Nachteil sein muss.

Unser CMO Thomas S. zeigte heute wieder viele Facetten seines unergründlichen Charakters:
  • Er agierte beispielsweise sehr souverän in folgender Situation. Ansage: "Jetzt spielt mal nur das Blech." In der ersten Reihe führt jemand das Saxofon zum Mund und spielt engagiert mit. Wie reagiert man in so einer Situation als Bandleader? Richtig: Mit einem Exkurs in die Instrumentenlehre ("das ist zwar aus Blech, zählt aber trotzdem zu den Holzblasinstrumenten").
  • Unser Präsident Ralf H. und meine Wenigkeit mussten dagegen wieder einige Kritik ertragen. So hielt Thomas S. es in seiner Weisheit für notwendig, uns nach einer seiner Erläuterungen über alle Köpfe hinweg zu fragen, ob wir "Intelligenzbestien das jetzt auch verstanden" haben. Ich persönlich konnte das nicht mit Sicherheit bejahen, habe mich aber nicht getraut, nicht zu nicken. Bei Ralf bin ich nicht sicher. Außerdem war Thomas wieder unglücklich über unsere Kleidung. Blaue Hemden scheinen ihn agressiv zu machen. Und meine gefälschte Barbour-Jacke ist ihm schon seit Wochen ein Dorn im Auge. Zum Glück ist bald Frühling.
  • Sehr angetan zeigte unser CMO sich davon, dass unsere beiden Saxofonistinnen (Edda S. und Anja R.) heute genau vor ihm saßen. Dies muss der Grund gewesen sein, wieso er heute einige deutlich körperbetonte Tanzeinlagen einschob. Ralf fühlte sich nach eigener Aussage an "die Tante in Neckarsteinach" erinnert, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass er zu viel Ahnung vom Tanzen hat. Nach der Probe auf das Thema angesprochen, bestätigte Thomas, dass die Nähe der beiden Damen anregend auf ihn gewirkt habe. Der genaue Wortlaut kann an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden -- schließlich ist dieses Blog für die ganze Familie gedacht. Es sei Thomas freigestellt, seine Gedanken in einem Kommentar zu diesem Beitrag zu äußern (den ich dann vermutlich gleich löschen muss).
  • Schließlich sei erwähnt, dass es Thomas S. heute Abend in seiner Weisheit gefiel, sehr intensiv von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, schwierige Stellen vorsingen zu lassen. Dabei versuchte ich, mich durch besonders lautes Singen hervorzutun, aber das Lob erntete schließlich ein anderer. Unser Posaunenstar Stefan P. wurde ausdrücklich für seine schöne Stimme gelobt. Glückwunsch, Stefan.

Im Trompetensatz wurde heute Abend kurz darüber gesprochen, wie gut wir es doch haben, dass wir vor dem Trompetespielen nicht an irgendetwas herumlutschen müssen -- so wie die Freunde aus der Saxofon-Section, die gezwungen sind, ihre Blätter einzuspeicheln. Igitt. Wir werden hier einen Verbesserungsvorschlag machen, der dahin geht, die Blätter vor der Probe in Kürbisöl einzuweichen. (Eigentlich habe ich das nur geschrieben, weil ich mit Toni abgemacht habe, in jedes Posting einen Schleichwerbungslink auf sein Kürbis-Öl einzubauen, aber die Diskussion hat tatsächlich stattgefunden. Ehrlich. Ihr könnt Toni fragen.)

Ich will darauf verzichten, alle Stücke im einzelnen durchzukauen -- wir haben uns in jedem einzelnen Fall teuer verkauft. Besondere Erwähnung finden sollen aber:

  • Mr Walker
    Thomas hat heute zum 58. Mal erklärt, wie der Abschnitt F zu spielen ist. Um zu zeigen, dass ich ab und zu auch mal etwas verstehe, möchte ich dies hier wiedergeben. Also: Wir spielen so lange in Klammer 1, bis Thomas uns ein Zeichen gibt. Nach dem Zeichen führen wir den Abschnitt F zunächst in Klammer 1 ordnungsgemäß zu Ende, beginnen ihn dann erneut und spielen bei diesem Durchgang die Klammer 2. Das ist doch nun wirklich nicht so schwer. -- Ralf hat übrigens heute Abend solche und andere Anweisungen von Thomas nicht mit einem billigen SAP-Bleistift in den Notenblättern verewigt, sondern mit einem edlen Pelikan-Füllfederhalter. Sehr stilvoll! Aber nicht klug, denn wir wissen ja alle, dass Thomas seine Anweisungen ständig optimiert. Das kann so weit gehen, dass er in einer Probe etwas völlig anderes anordnet als zuvor, wenig später zu einem "as written" zurückkehrt und sich in der Generalprobe auf seine ursprüngliche Idee besinnt. Er muss ein Genie sein.
  • The Joy of Cooking
    Laut Thomas eine "super Nummer" (zufällig von Nestico), die bei den Anwesenden teilweise lange Gesichter verursachte. Wobei ich auch wirklich nicht weiß, wieso ein Arrangeur es für angebracht hält, in der dritten Trompete Noten zu verwenden, die sich so weit oberhalb der obersten Notenlinie befinden, dass ich Michael K. fragen muss, wie der Ton heißt (es war ein d). Das tut doch weh, Mensch. Interessant war auch Ollis Interpretation des Notenbildes: Nachdem alle Stimmen ihren letzten Schlag abgeliefert hatten, spielte er einfach weiter und ließ sich auch von fragenden Blicken aus der Band nicht beirren. Jeder andere hätte nach einem halben Takt verunsichert das Instrument ruhen lassen, aber Olli brannte seelenruhig ein perkussionistisches Feuerwerk ab -- ganz so, als ob er dies von langer Hand geplant hätte. Wenn das keine Probe, sondern ein Auftritt gewesen wäre, hätte das Publikum allenfalls am unbeherrschten Gelächter der übrigen Musiker bemerken können, das etwas nicht stimmte.
  • Quintessence
    Hier war schon viel mehr Schönes dabei als letzte Woche. Ich erwähne es aber eigentlich, weil anhand des Notenbildes eine schon letzte Woche in der Pause thematisierte Frage beantwortet wurde: Was ist das Antonym von "Double Time"? Letzte Woche stand -- ich muss es leider so sagen -- teilweise auch noch die Frage im Vordergrund, was ein Antonym ist, aber dies konnten wir erfolgreich klären. Und in dieser Woche haben wir gelernt, dass das Antonym "tempo primo" heißt. Warum man es hier für angemessen hält, zwischen Englisch und Italienisch zu wechseln, sei dahingestellt. Vermutlich muss man es einfach englisch aussprechen ("tempoe preemoe").

Am Ende lassen sich unsere Bemühungen, wieder einmal ein komplett neues Programm einzustudieren, in folgendem Satz zusammenfassen (er stammt, wie könnte es anders sein, von Thomas S.): "Aufgeben wird mit sofortigem Liebesentzug bestraft." Das können wir doch nun wirklich nicht wollen. Also ran an den Speck.

2 Kommentare:

  1. Mein Lieber,

    Muss mal sagen, dass ich das wirklich eine super Leistung von Dir finde mit solch stetiger Konstanz unseren Blogg mit solch lustigen, witzigen und selbstironischen Beiträgen und Kommentaren zu bereichern.
    Also weiter so. Für mich ist es immer ein Vergnügen deine Beiträge zu lesen.
    Schöne Ostern auch an die Familie

    thomas

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  2. Lieber Hendrik A.
    was mir bei den neuen Stücken auffällt ist, dass sie allesamt etwas mit Essen und Trinken zu tun haben.

    The Joy of Cooking - eh klar.
    Mr. Walker - da steckt der Name eines bekannten Getränkes drinn.
    Quintessence - da das Wort Essenz als Alias für Geschmacksstoff.

    Kittchen Music halt -
    Meine Lieblings CD von unserem CMO Thomas S.

    Das gibt ein feines Menü - wenn wir die neuen Stücke erst mal verdaut haben.

    Also, kauen wir mal schön.

    Toni
    P.s.: Die Saxophone können sich bei mir mal melden, wenn sie eine Alternative für´s Einspeicheln suchen. Ich berate sie gerne :-)
    Alternativ könnte man auch Essig verwenden. Schönen fruchtigen Qui(n)tten Fruchtessig -klingsts auch gut.

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