Nicht so schlimm: Probe am 11. Juni 2008

Unser CMO Thomas S. wird auf seine alten Tage noch konsequent: Das letzte Woche verkündete Konzept für unsere neue CD hatte heute unverändert Gültigkeit. Folgerichtig spielten wir zu Beginn der Probe La Almeja Pequena, bei dem der aus dem Urlaub zurückgekehrte Präsident Ralf H. gleich ein feuriges Solo vorlegte.

Anschließend gab es dann drei neue Stücke, die wir in Ralfs
Abwesenheit für eine streng geheim gehaltene Summe erworben haben:
  • Afro Blue
  • A Night In Tunisia
    (in einem revolutionären neuen 100%-Rhumba-Arrangement,
    das völlig ohne Swing-Anteile auskommt, es sei denn, wir interpretieren es)
  • Cubano Chant
Man sieht also so langsam, wohin die Reise mit der neuen CD gehen soll (wobei auch diese Stückauswahl nicht das komplette Bild ergibt). Ralf H. und Konsul Toni D. brannten bei diesen Stücken ein wahres Feuerwerk ab, indem sie abwechselnd unglaublich fetzige Latin-Lover-mäßige Soli präsentierten, so dass wir normalen Trompeter gar nicht zum Zuge kamen, sondern nur zuschauen konnten, wie die beiden die Hütte in Brand setzten. Macht aber nix. Wir sollten noch genug gefordert werden, denn nach der Pause hub Thomas zu sprechen an und sagte: "Jetzt machen wir mal eine richtige Frustprobe." Autsch? Genau.

Dazu muss man wissen, dass Thomas mich vor der Probe unter Androhung ernstester Konsequenzen gezwungen hatte, in den Keller hinabzusteigen und Minuano aus dem Notenschrank hervorzukramen. Wir hatten uns ja schon letzte Woche damit abgemüht, aber diesmal hat er uns richtig rangenommen. Es ist übrigens nach wie vor nicht bekannt, ob Thomas dieses Stück auch in sein CD-Konzept eingebaut hat. Meine persönliche Theorie ist, dass er einfach ein alter Schleifer ist, der uns erst brechen will, bevor er uns wieder aufbaut. Und für derlei erzieherische Maßnahmen ist Minuano wirklich bestens geeignet. Einem Pechvogel, der durch seine exponierte Stimme an einer Stelle in besonderem Maße auffiel, erklärte Thomas beispielsweise: "Es ist nicht so schlimm, wenn du nicht alles hundertprozentig akkurat spielst." Also ich muss sagen, hier ist für mich persönlich schon der Punkt erreicht, an dem er uns wieder aufbaut, denn das ist exakt mein Motto: Ghosten was das Zeug hält, und du kommst durch.

Allerdings endete die Probe für mich nicht gut: Minuano schließt mit einer knackigen Figur aus zwei Achteln und einer fetten Viertel ab. Beim letzten Durchgang (danach gab es nichts mehr zu holen, die Probe war vorbei) habe ich diesen Takt auch insgesamt knackig und fett gespielt, nur genau genommen einen Takt zu früh, so dass der Rest der Band gleichsam als mein Echo erklang. Das war nicht schön, und die Jungs hatten bei der Probennachbesprechung viel Mühe, mich aus meinem schwarzen Loch rauszuholen.

Diese Besprechung fand übrigens an einem ganz neuen Ort statt: Unseren bewährten Stammlokalen, dem La Tortuga (diese Hähnchenschenkel!), der Marktstube (dieser Flammkuchen!) und dem Tournedo (diese Pizza!) den Rücken kehrend, trafen wir uns auf Anregung unseres unfehlbaren CMOs in einem griechischen Lokal, nämlich im Pfälzer Hof in Walldorf.

Nun haben unsere Umfragen ja schon mehrfach ergeben, dass über 87 % der Leser dieses Blogs ein humanistisches Gymnasium besucht haben. Deswegen wird den meisten von Ihnen und euch nicht verborgen geblieben sein, dass "Pfälzer Hof" kein typischer Name für ein griechisches Lokal ist. Hier könnte sich die Erwartungshaltung des Gastes im schlimmsten Fall im Spannungsfeld zwischen Saumagen und Gyros aufreiben und zu Unmut führen. Doch es ist alles ganz anders: Unsere äußerst charmante Kellnerin erläuterte nämlich, dass das Gebäude, in dem sich das Lokal befindet, einige hundert Jahre alt ist, folglich unter Denkmalschutz steht und somit nicht umbenannt werden darf -- ganz egal, was unter seinem Dach so gebrutzelt wird.

Zeigen sich die deutschen Behörden hier nicht etwas starrsinnig? Hätte man nicht mit einem Kompromiss, zum Beispiel Pfelxos Hofos, sehr gut leben können? Aber nein, man versteift sich auf den Buchstaben des Gesetzes. Wir finden: Das ist schade. Das Essen war wirklich lecker, und wir werden die Adresse in die engere Wahl für unsere Probennachbesprechungen nehmen -- egal, was auf dem Türschild steht.

Auf dem Nachhauseweg hatten wir dann noch die Gelegenheit, uns gemeinsam mit den Fans der türkischen Nationalmannschaft über das 2:1 gegen die Schweiz zu freuen. Es hat auch gar nicht so lange gedauert, unsere Autos auf dem Parkplatz freizuschaufeln und an der Menschenmenge entlang nach Hause zu lenken. Also alles in allem ein Abend mit großen Emotionen, an den wir noch lange zurückdenken werden.

Übrigens: Jens W. kündigte heute Abend nach einem meiner Gesprächsbeitrage an, dass er unbedingt auch mal wieder etwas in diesem Blog veröffentlichen müsse. Wahrscheinlich hat er irgendeine schöngeistige Äußerung von mir in den falschen Hals gekriegt. Also vorab schon mal eine Warnung: Egal was er schreibt: Holen Sie bitte eine zweite Meinung ein, bevor Sie sich Ihr endgültiges Urteil bilden. Zum Beispiel meine.

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