Denk an einen Busen: After Work Jazz am 11. Dezember 2008

Das Experiment, so scheint es, ist geglückt. Wir haben heute Abend mit einer guten Tradition gebrochen und den SAP-Kolleginnen und -Kollegen zum Jahresabschluss kein großes, zweieinhalbstündiges Konzert mit aufwändiger Bühne und Lightshow geboten, sondern das erste Konzert in der neuen Reihe "After Work Jazz": Eine Stunde Musik (nicht mehr und nicht weniger), keine große Bühne und Stehplätze für das Publikum. Das hätte auch schiefgehen können, doch die Hütte (also das Foyer des SAP-Schulungszentrums in Walldorf) war voll! Zum Glück, denn ich hatte beim Catering 550 Butterbrezeln und Bier und Sekt bis zum Abwinken bestellt.

Dieser Bericht soll keinesfalls eine Konzertkritik darstellen, denn Eigenlob stinkt, und Selbstkritik kauft man uns ohnehin nicht ab. Nein, lassen Sie mich lediglich einige selektive und subjektive Schlaglichter auf die Ereignisse des Abends werfen.

Fürs Protokoll hier erst einmal das Programm, das übrigens schon Wochen vor dem Konzert feststand und sich -- auch dies ist ein Novum -- seitdem nicht mehr geändert hat. (Vermutlich haben wir dies der anstrengenden Konzertreise unseres CMOs Thomas S. durch Indien und Sri Lanka zu verdanken -- schauen Sie sich dazu bitte die einschlägigen Videos an, und wenn Sie keine Zeit haben, dann wenigstens mein Lieblingsvideo von der Tour).
  1. Critic's Choice
  2. Mr. Walker
  3. Quiet Nights of Quiet Stars
  4. L-O-V-E
  5. Fever
  6. Till You Come Back To Me
  7. Street Life
  8. Chega de Saudade
  9. Cruisin' for a Bluesin'
    Zugabe:
    The Girl from Ipanema
Wie Sie sicher gleich gemerkt haben, ist Thomas beim ersten Stück auf Nummer Sicher gegangen und hat mit Critic's Choice einen Blues ausgewählt, der auch den verbohrtesten Musikmuffel mit den Füßen wippen lässt. Und bei diesem Stück kam mir eine besondere Ehre zu: Ich durfte das erste Solo -- und damit das erste Solo des Abends -- spielen. Wenn Sie dieses Blog regelmäßig lesen oder ab und zu unsere Auftritte besuchen, werden Sie wissen, dass meine eingeschränkten Fähigkeiten als Trompeter dieser exponierten Rolle als 1. Solist diametral entgegengesetzt sind. Deswegen spielte sich wenige Sekunden vor dem ersten Takt zwischen El Presidente Ralf H. und mir der folgende Dialog ab:

Hendrik: "Jetzt werde ich aber doch grade ein bisschen nervös."
Ralf: "Denk an einen Busen."
Hendrik: "Was???"
Ralf: "Du musst an einen schönen Busen denken."
Hendrik: [denkt ...]
Ralf: "Spiel einfach ein paar schöne Töne."

Eine knappe Minute später stand ich dann vorne. Ich muss aber zugeben, dass meine Gedanken beim Solo eher der Anatomie der G-Bluestonleiter folgten, denn in der Vorbereitungsphase hatte ich mich bei Thomas S. und unserem Gitarristen Jens W. noch einmal über folgenden Sachverhalt rückversichert: Critic's Choice ist ein Blues in F. Da die Trompete aber nicht in c, sondern in b gestimmt ist und somit einen Ton zu tief liegt, muss der Trompeter einen Blues in G spielen (b -> c | F -> G). So stand ich also da und versuchte mich an die Bluestonleiter zu erinnern: f - g (sehr gut, heißt ja auch Blues in G) - b - c oder cis oder beides - d - dann wieder f. So turnte ich munter diese Tonleiter rauf und runter, und war auch gar nicht mehr so nervös. Allerdings geriet mir das Growling, das bei Konsul Toni D. (2. Trompete) immer so schön klingt, durch die leichte Anspannung dann noch eher zu einem Jaulen, aber man kann halt nicht immer gewinnen.

Die Musikfüchse unter Ihnen werden außerdem gemerkt haben, dass es sich bei den Stücken 3 bis 8 ausschließlich um Gesangsnummern handelt! Heute Abend war nämlich die große Stunde unserer Sängerin Beatrix A. Da ich in den Berichten von den vergangenen Proben schon mehrfach von ihr geschwärmt habe, will ich mich heute zurückhalten, aber man muss schon sagen: Wenn Sie das verpasst haben, müssen Sie sich sich Vorwürfe machen. Oder Sie lassen das mit den Vorwürfen und bestellen eine unserer CDs, von denen wir heute Abend wieder 70 Stück verkauft haben. Oder -- das ist die dritte und letzte Möglichkeit -- Sie schicken uns eine E-Mail, wenn Sie im nächsten Frühling vom Erscheinen unserer neuen CD benachrichtigt werden möchten.

Das Plakat für diesen Auftritt hat im Vorfeld für sehr viel Interesse gesorgt. So haben Kollegen per E-Mail angefragt, ob Sie sich nach dem Konzert ein Plakat von der Wand nehmen dürften, und wieder andere haben diesen lästigen Genehmigungsschritt gleich weggelassen und schon vor dem Konzert ein Plakat geklaut. All dies deuten wir natürlich positiv und wünschen der Dame auf dem Plakat, dass sie noch lange in den SAP-Büros herumhängen möge. Natürlich nur im übertragenen Sinne, und ich muss an dieser Stelle auch den Spielverderber geben und ein hartnäckiges Gerücht zerstreuen: Nein, die Dame arbeitet nicht bei SAP und nein, wir können nicht für eine Möglichkeit sorgen, sie "mal kennenzulernen". Thomas hat heute Abend in einer seiner Ansagen übrigens angekündigt, im nächsten Jahr werde das Plakat einen "Kerl mit fast nichts an" zeigen. Ein Teil des Publikums quittierte dies mit begeistertem Applaus. Wir verstehen das als eindeutigen Wählerauftrag.

Die neue Schlichtheit, in der wir uns heute Abend präsentierten, ging übrigens so weit, dass Thomas beim Aufbau spontan auf Mikrofone für die Solisten verzichtete. Wir haben uns auch mehr oder weniger damit arrangiert, bis Toni bei Cruisin' for a Bluesin' dann eindrucksvoll demonstrierte, dass Solomikros sowieso nur was für Schwächlinge sind. Er machte sich nicht einmal die Mühe, nach vorne zu gehen, sondern heizte dem Publikum von seiner Position im Trompetensatz aus ein. Ich bin sicher, dass die Kollegen vom Posaunensatz, die vor uns standen, dies auch zu schätzen wussten. So muss ein Solo klingen!
Bevor wir zur Nachbesprechung kommen, möchte ich eine Sache ein für allemal aus der Welt schaffen. Im letzten Probenbericht gab es einige Fotos zu sehen, die Toni D. mit seinem Mobiltelefon geschossen hatte. Eines dieser Fotos zeigte Anja R. und Edda S., und ich habe es mir tatsächlich erlaubt, dieses Bild unkommentiert in den Bericht einzufügen. Ein echter Skandal, wie mir klar wurde, als die beiden mich darauf ansprachen. Doch andererseits: Fände ich überhaupt Worte, um zu beschreiben, was Enja und Adda, Entschuldigung, ich bin etwas nervös, Edda und Anja für diese Band bedeuten? Es ist ja nicht nur der zarte Klang ihrer Saxoföne, der uns so viel bedeutet. Nein, es ist der unbeirrbare Wille, mit dem diese beiden die Frauenquote in der Band gerade über dem unerträglichen Maß halten, Niveau in unsere Gespräche bringen und ... schluchz ... Danke danke danke.

Nun aber zur Nachbesprechung: Sie wissen vielleicht, dass es in der SAP BIG BAND zur guten Tradition gehört, nach einer Probe oder einem Auftritt Einkehr zu halten und bei schlichten Erfrischungen -- oft kaum mehr als Wasser und Brot -- zurückzublicken auf das was war, und was uns in der Zukunft erwartet. So auch heute, als unser Weg uns einmal mehr ins La Tortuga in Walldorf führte. El Presidente Ralf H. hatte diesem Imbiss angesichts der einbrechenden Finanzmärkte den Selbstzahlermodus verordnet, und so fanden wir uns mit einem Teil der Band an einem langen Tisch wieder, um Rückschau zu halten. Erfreulicherweise waren auch einige Bandmitglieder dabei, die in dieser Runde sonst nicht zu sehen sind. Besonderes Lob gebührt Stefan P., der den Posaunensatz ganz alleine vertrat. Vor diesem Hintergrund können wir großzügig darüber hinwegsehen, dass er seine Tapas zunächst mit Messer und Gabel traktierte. Allerdings sehen wir das als einmaligen Ausrutscher -- beim nächsten Mal muss das besser werden. Tischmanieren sind uns nun mal sehr wichtig.

Ansonsten haben wir bei der Nachbesprechung wieder einen hochintellektuellen Diskurs gepflegt, den ich hier nicht im Einzelnen wiedergeben darf, kann und will. Deswegen bleibt mir zum guten Schluss nur noch ein Aufruf an die Konzertbesucher: Da wir für den heutigen Abend keinen Fotografen bestellt haben, mangelt es nun an Fotos von unserem Auftritt, die auf dieser Website veröffentlicht werden könnten. Wenn Sie welche geschossen haben: Immer her damit!

1 Kommentar:

  1. ... mit zwei Titeln von Vinicius de Moraes bei dem After Work Konzert am 11.12.08 habt ihr mich voll ins Herz getroffen. Als überzeugter SAP Big Band Fan war ich schon bei fast allen Eurer Konzerte dabei, aber der Auftritt am 11.12 war einfach ein Erlebnis der Superlative. Ich freue mich schon auf das nächste Konzert. Weiter so !!

    AntwortenLöschen