Mit Schreckeffekt: Probe am 3. Dezember 2008

Langsam, aber sicher nähern wir uns dem nächsten SAP-internen Auftritt, diesmal im Rahmen der neu ins Leben gerufenen Reihe After Work Jazz. Und wie immer vor einem solchen Auftritt befindet sich die Band in einer Krise -- auch wenn die meisten es nicht merken. Was ist da los?

Nun, so ein interner Auftritt will geplant, organisiert und beworben sein. Man kann ihn als kleines Projekt begreifen. Unser El Presidente Ralf H. könnte das jetzt viel besser erklären, aber lassen Sie es mich versuchen: Üblicherweise betrachtet man die zu leistende Arbeit in einem Projekt aus zwei Perspektiven: der des Organisations- und der des Projektmanagements.

Aus der Sicht des Projektmanagements sind für das anstehende Konzert eine geringe Anzahl von PDs (Personentagen) an Arbeit zu leisten. Für diese stehen -- aus Sicht des Organisationsmanagements betrachtet -- fast 25 FTE (= Bandmitglieder) zur Verfügung. Also alles kein Problem? Leider nein, denn (wie eigentlich immer) bleiben die Arbeiten an wenigen Bandmitgliedern hängen, was für schlechte Stimmung sorgt. Aber genug der Klage, es wird sich sowieso nicht ändern. Deswegen lassen Sie uns zur heutigen Probe kommen.

Unser CMO Thomas S. ist wohlbehalten aus Indien zurückgekehrt, spielte heute jedoch mit JazzXChange in Stuttgart. Deswegen wurde die Probe von Cris geleitet, die -- wenn man dem Bericht von Jens W. Glauben schenken kann, wovon ich unbedingt ausgehe -- unsere Rhythmusgruppe bereits ordentlich aufgemischt hat.

Das anstehende Konzert wird eine Mischung aus Latin, Swing und Blues sein, und da wir den Auftrag von Thomas hatten, das Konzertprogramm zu proben, musste Cris uns durch die unterschiedlichen Musikrichtungen leiten und sicherstellen, dass wir diese stilecht spielten. Paradoxerweise kam ihr dabei zu Hilfe, dass Deutsch für sie eine Fremdsprache ist. Ich habe diesen Effekt nicht zum ersten Mal, aber immer noch mit großer Faszination beobachtet: Manchmal kommen Sprecher, für die Deutsch eine Fremdsprache ist, auf Formulierungen, die uns die Augen öffnen können. Ein Beispiel: Bei Fever erläuterte Cris, dass dieses Stück von seinem "Schreckeffekt" lebe, und alles, was komme, müsse "mit Kraft kommen". Thomas hätte wahrscheinlich gesagt: "In diesem Takt muss es richtig krachen, ihr Ochsen". Was im Prinzip natürlich dasselbe bedeutet und ähnlich effektiv ist.
Die Rhythmusgruppe bot heute Abend übrigens ein ungewohntes Bild. Was war da nun wieder los? Nun, kurz vor Beginn der Probe kam Jens W. mit ausgebreiteten Armen auf mich zu und sagte: "Hendrik, mein Freund! Du wohnst doch hier in der Nähe." Dies verhieß natürlich nichts Gutes, und wie sich herausstellte, hatte Jens seine Gitarre zu Hause vergessen. Was natürlich ungünstig ist, wenn man der Gitarrist ist. Jens weiß aber, dass ich im stillen Kämmerlein ab und zu auf der E-Gitarre dilettiere. Dort sieht ja niemand, dass meine Finger zu kurz sind, um fortgeschrittenere Grifftechniken zu erlernen. Meine Gitarre begleitet mich schon seit vielen Jahren, und hat viele peinliche Auftritte hinter verschlossenen Türen klaglos mitgemacht. Wenn Chuck Berry, Muddy Waters und Sonny Boy Williams wüssten, welche peinlichen Soli ich abgeliefert habe, während ihre Platten im Hintergrund liefen, würden sie blass vor Schreck (Chuck) oder sich im Grab umdrehen (Muddy und Sonny). Wissen sie aber nicht!

Bei der Gitarre selbst handelt es sich um eine Marathon -- ein Einsteigermodell aus den späten Achzigern, das ich gebraucht erworben habe. Die Saiten habe ich seit dem Kauf mindestens einmal erneuert, so dass sich die meisten noch stimmen ließen (aber leider nicht alle). Während wir schon probten, düste Jens also über die B39 nach Angelbachtal und holte meine Gitarre, um sie in dieser Probe zu spielen! Für mich persönlich war es ein wunderbarer Abend -- so ist meine Marathon noch nie gespielt worden, und man kann nur mutmaßen, wie sie sich dabei gefühlt hat. Ich bin nicht sicher, ob es auch für Jens ein wunderbarer Abend war, aber er hat sich tapfer geschlagen. Leider gab es kein Gitarrensolo, um mein Glück perfekt zu machen.

Unserem Drummer Olli B. wurde heute Abend eine besondere Aufgabe zuteil: Cris beauftragte ihn damit, die Stücke einzuzählen. Dies hat er auch -- von gelegentlichen, double-time-artigen Ausrutschern abgesehen -- sehr schön gemacht. Und diese hat er vermutlich absichtlich eingebaut, um uns auf Trab zu halten.

Das bevorstehende Konzert wird sehr viele Gesangsnummern beinhalten. Deswegen war natürlich auch Beatrix A. mit von der Partie. Bei mir stellte sich der übliche "Zuhör-und-Einsatz-verpass-Effekt" ein, denn sie singt so unglaublich, dass ich beim Zuhören meistens das Zählen vergesse. Allerdings verpasse ich auch oft den Einsatz, wenn sie nicht dabei ist. Insofern macht das gar nichts.
Das komplette Konzertprogramm haben wir heute Abend nicht geschafft, denn Cris ließ es sich nicht nehmen, Details durchzunehmen und uns die Augen und Ohren für bestimmte Feinheiten zu öffnen. Deswegen waren wir gegen halb zehn, als die ersten Musikerinnen und Musiker aufbrechen mussten, noch "mittendrin". Mit den restlichen Feinheiten wird Thomas sich dann bei der Generalprobe am Sonntag beschäftigen dürfen.

Ein besonderes Lob am Schluss gebührt Konsul Toni D. Er hat sich nicht nur als einer der wenigen, die in der Band kein offizielles Amt bekleiden, intensiv in der Konzertvorbereitung engagiert, sondern auch alle Fotos in diesem Beitrag beigesteuert. Diese hat er mit seinem Handy geschossen und dann per MMS an meine E-Mail-Adresse geschickt -- ich will lieber nicht wissen, was T-Mobile dafür verlangt. Und was das Beste ist: Er hat die Damen (und Jens) mit seinem Charme davon überzeugt, dass die Fotos in diesem Beitrag veröffentlicht werden dürfen. Ob mir das auch gelungen wäre?

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