Dass das so geil swingt: Probe am 22. April 2009

Der Frühling ist da, und alle Menschen sind fröhlich. Das heißt, genau genommen müsste ich sagen, fast alle Menschen sind fröhlich, denn auch wenn der Mittwoch Abend durch die Bigband-Probe und die anschließende Nachbesprechung zu meinen persönlichen Wochen-Highlights gehört, so war heute doch ein trauriger Mittwoch. Sie ahnen vermutlich schon, was los war: Unser verehrter El Presidente Ralf H., zukünftiger Alterspräsident der Band, konnte nicht an der Probe teilnehmen. Er war gezwungen, die Musik seinen beruflichen Verpflichtungen zu opfern, was nun mal vorkommen kann und nicht zu ändern ist.

Verständlicherweise verliert so ein Mittwoch Abend durch Ralfs Abwesenheit für mich allen Glanz und Reiz. Ralf ist ja nicht nur mein ewiger Kontrahent, was den Führungsanspruch in der Band angeht. Wir teilen uns auch eine Stimme (3. Trompete), und stehen in der Probe meistens nebeneinander (jawohl meine Damen und Herren, die Trompeten stehen zwei Stunden, während die Saxophone sich nicht nur ihre Gießkannen mit einem Riemen um den Hals hängen, sondern auch noch auf Stühlen sitzen).

Was das Kopf-an-Kopf-Rennen um die Präsidentschaft angeht, macht es einfach keinen Spaß, wenn Ralf nicht da ist. Meine PR-Beraterin (Frl. Czernatzke) hätte mir sicher geraten, seine Abwesenheit heute Abend zu einer infamen Intrige zu nutzen. In ihrem vielbeachteten Kommentar zum Probenbericht von vorletzter Woche schreibt sie:

Erlaube mir eine Randbemerkung: der Präsident, so zurückhaltend, das scheint mir gefährlich - hast du mal an einen kleinen Lauschangriff oder eine Mail-Überwachung nachgedacht - das ist grad in und wird von vielen Firmen erfolgreich praktiziert - kann also nicht verkehrt sein. Im schlimmsten Fall kommt es in die Zeitung und der Vorstand (in diesem Fall der Präsident) muss zurücktreten - oder die Kanzlerin spricht ein Machtwort oder so - kann aber nur gut sein für Dich oder einen etwaigen weiteren Kandidaten.

So weit Frl. Czernatzke. Aber ich weiß nicht so recht. Ethische Bedenken habe ich als eiskalter Karrierist natürlich keine, aber ist das wirklich notwendig? Soll man einen alten Kämpfer wie Ralf wirklich noch so hart rannehmen? Das kann ich mir nicht vorstellen.

Kommen wir zum musikalischen Teil des Abends. Im Hinblick auf die anstehenden Auftritte hatte Thomas im Vorfeld der Probe eine Liste der Stücke bereitgestellt, damit die Musikerinnen und Musiker ihre persönliche Notenablage optimieren konnten.


Aus diesem Fundus (natürlich ein hochexplosiver Mix aus Latin, Swing und Blues) landeten heute Abend die folgenden Nummern auf den Pulten:
  • Hay Burner
    Das ist, zusammen mit Critic's Choice, meine Lieblingsnummer im Repertoire der Band. Thomas führte gleich bei diesem ersten Stück eine neue Masche ein, nach der alle Musikerinnen und Musiker die Viertel mit dem Fuß zu schlagen hatten. So ein bisschen mit den Zehen wippen wurde nicht akzeptiert. Es musste schon der ganze Fuß sein, "auch wenn es weh tut", so Thomas. Schlau
    meier, die entweder nur die zwei und die vier schlugen, weil sie meinten, sich im Swing auszukennen, wurden gleich abgestraft. Das gleiche Schicksal erlitten diejenigen, die abwechselnd mit beiden Füßen zählten. Thomas machte tatsächlich mehrmals die Runde und schaute 19 Füßen beim Wippen zu.
  • Miss Fine
    Auch hier waren wir aufgefordert, den Takt mit den Füßen zu schlagen. Schmerzverzerrte Gesichter allenthalben, doch unser CMO bestand darauf, und prägte gleich einen neuen Fachbegriff: Beharrliches Taktschlagen mit dem Fuß werde irgendwann, so Thomas, dazu führen, dass wir unser
    "inneres Timing" entdeckten.
  • Cruisin' for a Bluesin'
    Bei dieser Nummer denke ich eigentlich immer
    nur daran, dass wir sie einmal ohne Vorbereitung auf dem Trompetenworkshop mit Ernie Hammes gespielt haben. Dabei habe ich eine dermaßen schlechte Vorstellung abgeliefert, dass es mir heute noch peinlich ist. Ernie hat mir zwar einige Zeit später eine CD von sich geschenkt, doch das könnte man auch als Akt des Mitleids interpretieren. Noch peinlicher als meine damalige Performance war allerdings die Aktion von Jochen R., der heute Abend, als Thomas das Stück für beendet erklärte, allen Ernstes fragte, ob wir es "nochmal spielen" könnten. Unglaublich! Hier scheint aus einer unerwarteten Richtung Konkurrenz heranzuwachsen. Thomas nahm den Vorschlag nämlich dankend an ("das nenne ich Einsatz"), und wir konnten die ganze Grütze nochmal spielen.
  • Critic's Choice
    Auf meinem Notenblatt von Critic's Choice habe ich einmal, nachdem mir irgend jemand die Tonart verraten hatte, die G-Blues-Tonleiter notiert. Thomas darf das aber nicht wissen. Deswegen meldete ich mich, als das Stück schon begonnen hatte, per Augenkontakt bei Thomas zum Solo. Dieser schüttelte aber mit ernster Miene den Kopf und forderte Harald S. zum Solo auf. Ich weiß nicht recht, aber mein Stern in der Band scheint gerade zu sinken. Schließlich durfte ich aber doch noch spielen, und durfte wieder einmal feststellen, dass gelegentliches Üben dem Erhalt der Lippenmuskulatur durchaus förderlich ist. Leider musste ich den Beweis per Kontraposition führen, denn über die Osterfeiertage hatte sich eine beklagenswerte Disziplinlosigkeit bei mir eingeschlichen, so dass ich die Hinterbacken beim Solo ganz schön zusammenkneifen musste. Es kam erschwerend hinzu, dass die Rhythmusgruppe während meines Solos eine ganz neue Definition von Solobreak ausprobierte, und stellenweise komplett Pause machte. So baut sich natürlich eine unheimliche Spannung bei den Zuhörern auf, denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Solist ins Straucheln gerät und abschmiert.
  • Miró on the Wall
    Hier handelte es sich um eine neue Swing-Nummer
    unseres Saxophonisten Peter H. Sie gab mir Gelegenheit, mich mit einer unglaublich intelligenten Frage hervorzutun: Als wir die Anweisung D.C. al Coda erreichten, fragte ich unseren Lead-Trompeter Michael K., leider zu laut und auch für einige andere hörbar, wo denn das Segno sei. Ich verzichte darauf, den Nicht-Musikern unter Ihnen zu erklären, warum das peinlich ist. Vertrauen Sie mir einfach, wenn ich sage, dass ich durch diese Frage bewiesen habe, ebenfalls zu den Nicht-Musikern zu gehören.
  • Fever + L-O-V-E + Street Life
    Für diese drei Gesangsnummern ist Beatrix A. zu uns gestoßen, und sie hat wieder so schön gesungen, dass einem das Herz aufging. Besonders L-O-V-E war eine ganz große Sache, und Thomas forderte die Band folgendermaßen aus, den wunderbaren Gesang auch durch ein angemessenes Spiel zu unterstützen: "Ihr müsst euch ergötzen an der Geilheit, dass das so geil swingt." Tja, dem ist wohl nichts hinzuzufügen. Haben wir dann auch gemacht (uns ergötzt). Falls es bei Thomas mit der Laufbahn als Trompeter wider Erwarten einmal nicht mehr so gut laufen sollte, steht ihm ohne Zweifel eine große Zukunft als Aphorismenschreiber offen. Oder als Sänger: Er unterstützte Bea heute Abend mit einer Art Oberstimme, im Falsett nach Art eines Robin Gibb ausgeführt, und zeigte durchaus Potenzial als Vokalist. Außerdem bot er eine Reihe von Tanzeinlagen, die zwar stellenweise ein wenig nach Tele-Aerobic aussahen, aber ebenfalls ausbaufähig waren.
Etwas überraschend kam heute Abend noch einmal das Thema "Uhren" auf den Tisch, denn Konsul Toni D. präsentierte sich mit einem neuen Schwergewicht am Handgelenk, was mir von Thomas S. prompt als Vorbild unter die Nase gerieben wurde. Meine kürzlich erworbene Casio war bei ihm durchgefallen (wir berichteten).

Deswegen beschlossen Toni und ich, die Weltöffentlichkeit zu diesem Thema zu befragen (das sind Sie, meine Damen und Herren). Hier ist also ein Foto von verschiedenen Uhren, die allesamt heute Abend von Bandmitgliedern getragen wurden. Sie sind nun aufgefordert, per Kommentar zu diesem Beitrag (auch anonym möglich) abzustimmen. Wählen Sie einfach die schönste Uhr durch Angabe der Nummer (von ganz links = 1 bis ganz rechts = 5). Wem die Uhren gehören, wird nächste Woche verraten.



Abschließend ist noch zu berichten, dass das Keyboard von Frank W. (ein echtes nord, über das wir auch schon ausführlich berichtet haben) in dieser Probe auf neuen Beinen daherkam. Der alte Kreuzständer wurde durch Original-nord-Beine ersetzt:


Bitte würdigen Sie diese Tatsache entsprechend. Den Klang hat es meinem Empfinden nach nicht beeinflusst (fantastisch wie immer), aber angeblich wackelt es jetzt nicht mehr. Wir freuen uns. In diesem Sinne: Alles Gute und bis nächste Woche.

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