Besser keine Grütze: Probe am 8. Juli 2009

Die Band ist zwar schon elf Jahre alt, doch es gibt immer noch Premieren in unserem Probenalltag - Dinge, die so noch nicht da gewesen sind. Heute war es mal wieder so weit: Die Generalprobe für den Auftritt auf dem SAP CUP am 11. Juli fand mit Thomas statt, aber der Auftritt wird ohne ihn stattfinden. Klingt komisch. Ist aber so. Dazu später mehr.

Der Abend begann für mich persönlich damit, die Anlage (Mischer, Boxen, Stative, Mikrofone, Kabel) verladefertig zu machen, denn der SAP CUP ist einer von diesen Gigs, bei denen wir unsere Anlage mitbringen müssen. Nicht schön. Ist aber so. Zum Glück hatte ich tatkräftige Unterstützung von Iron Man Jens W., der mit denselben Armen, Fingern und Händen, die normalerweise die Gitarrensaiten liebkosen, grob geschätzt 385 Kilo an Stativen die Treppe hoch trug, während ich den Rest mit dem Aufzug nach oben schaffte.

Musikalisch gesehen war die Aufgabenstellung des heutigen Abends eigentlich von überschaubarer Komplexität: Einfach das Programm von vorne nach hinten durchspielen. Allerdings gab es da das Problem, dass Thomas sich - völlig untypisch für ihn - zurückhalten musste, denn am Samstag müssen die Einsätze und Soloformen ja ebenfalls ohne ihn funktionieren. Es fiel ihm sichtlich schwer, man konnte es sehen! Normalerweise begleitet er unsere Performance mit einer expressiven Gestik und Mimik, und auch der Zwischenruf ist ihm als erzieherisches Mittel nicht fremd. Heute nichts dergleichen: Ein lammfrommer Blick, die Hände hinter dem Rücken und kein Mucks. Stellenweise entfernte er sich sogar vom Ort des Geschehens und drehte auf dem Rollwagen, mit dem wir die Anlage nach oben transportiert hatten, eine Runde durchs Foyer. Selbst wenn die Trompeten (das ist natürlich nur ein Beispiel) einen Einsatz verpassten, reagierte er kaum. Nach dem Ende einiger Stücke entlud sich die aufgestaute Energie aber stellenweise doch. Zitat: "Hört ihr auch zu, ihr Ochsen! Wenn das in die Hose geht am Samstag, gibt es ein paar hinter die Eier. Äh, Ohren." Der Freudsche Versprecher zeigt zum einen, wie sehr es Thomas mitgenommen haben muss, sich zurückzuhalten. Zum anderen zeigt er, dass wir am Wochenende besser keine Grütze spielen sollten, denn irgendwie würde er es erfahren. Irgend jemand würde quatschen, und dann bliebe kein Ei, Entschuldigung, Stein mehr auf dem anderen und kein Auge trocken. Also machen wir unsere Sache lieber gut.

Zum Glück hat Olli B., unsere lean mean drum machine, sich bereit erklärt, den Chef am Samstag zu vertreten und den Ablauf vom Schlagzeug aus zu steuern. Das haben wir jetzt schon in zwei Proben geübt, und er hat seine Sache hervorragend gemacht. Natürlich kann man unseren wunderbaren CMO Thomas S. nicht einfach so ersetzen (ich werde gezwungen, so etwas zu schreiben), aber darum geht es ja auch gar nicht. Mir ist übrigens schleierhaft, wie Olli das macht. Einige von uns haben schon Probleme, den Überblick zu behalten, wenn sie auf exakt einem Instrument exakt eine Stimme spielen müssen (Stichwort: Wo ist das Segno?) Vermutlich ist ein Schlagzeuger aber gar nicht so schlecht für diesen Job geeignet, denn wenn man mit seinen vier Gliedmaßen gleichzeitig unterschiedliche Dinge in unterschiedlichen Geschwindigkeiten tun kann (können Schlagzeuger sich eigentlich gleichzeitig die Zähne putzen und rasieren?), macht es auch nichts mehr aus, dabei noch eine Big Band im Blick zu behalten.

Mist. Ich habe im vorherigen Absatz mehrmals das Wort "Schlagzeuger" verwendet. Ich darf laut Thomas aber nur "Drummer" sagen. So ein dummer Fehler, wo ich doch ohnehin schon verzweifelt um Anerkennung buhle. Dabei sah es heute Abend kurzzeitig gar nicht schlecht für mich aus, denn nach meinem Solo bei Critic's Choice fragte Thomas mit zumindest halblauter Stimme: "Hast du heimlich geübt?" Meine Damen und Herren, ich war im siebten Himmel! Mehr Anerkennung werde ich von ihm wohl nie bekommen. Um den guten Eindruck nicht gleich wieder zu zerstören, lehnte ich beim nächsten Stück, El Centro, das Trompetensolo ab und bekam zu hören: "Dann machen wir halt ein Gitarrensolo. Der Jens spielt immer gerne." Wäre es besser gewesen, zu spielen und zu versagen? Man weiß es nicht. Ich habe das Solo zwar auch auf der aktuellen Platte gespielt (siehe Hörprobe), aber wir hatten eben auch einen fantastischen Toningenieur, und an die passenden Töne konnte ich mich heute Abend auch nicht mehr erinnern. Irgendwas mit dem 1. Ventil, aber was? Na ja, was soll's. Jetzt ist es ohnehin zu spät.

Bei Starsky & Hutch kündigte Thomas eine "neue Ära" an: Die Trompeten und die Posaunen sollten sich während des Saxofonsolos darauf verständigen, wann es Zeit sein, das Solo zu beenden, und selbständig in die Backings einsteigen. Ich nehme an, dass Thomas vorher bei Niklas Luhmann nachgelesen hat, denn hier handelt es sich selbstverständlich um nichts anderes als einen selbstreferentiellen On Cue ohne externen Impuls. Kann so etwas funktionieren? Konsul Toni D. lieferte die Antwort: "Seit 3.000 Jahren gibt es keine Einigung zwischen Trompeten und Posaunen!" Ob er sich dabei auf die Schlacht um Jericho bezog, ist unklar. Hat er recht mit seinem messerscharfen Urteil? Kommen Sie am Samstag Abend nach Rettigheim, um es herauszufinden!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen