Drummer, Baby, Drummer: Probe am 30. September 2009

Die erste Probe nach der Bundestagswahl begann für mich persönlich mit einer kleinen Panne. Dringende Geschäfte machten es erforderlich, dass ich bis kurz vor der Probe an meinem Schreibtisch im SAP-Gebäude Nr. 8 sitzen blieb. Als ich mich dann um 18.45 Uhr erhob, meine Sachen einpackte und aufbrach, wäre es mit dem Auto (das ich Mittwochs normalerweise dabei habe) kein Problem gewesen, zur 19.00-Uhr-Probe in Gebäude Nr. 5 halbwegs pünktlich zu erscheinen. Dummerweise fiel mir dann aber ein, dass mein Caddy-Mobil heute einen Servicetermin hatte und nun im Parkhaus neben Gebäude 2 zur Abholung bereit stand (siehe Lageplan). Ich hatte also noch einen ordentlichen Fußmarsch vor mir und würde es niemals pünktlich zur Probe schaffen.

Mir blieb nichts anderes übrig, als unseren CMO Thomas S. anzurufen, ihm zu gestehen, dass ich ein Idiot sei (kein Widerspruch von seiner Seite) und mich auf den langen Fußweg zu machen. Dann aber das Glück im Unglück: Als ich gerade die Daimlerstraße überqueren wollte, kreuzte ein silbergrauer Mercedes meinen Weg. Darin saß niemand Geringeres als Konsul Toni D., der ganz entspannt durch das Walldorfer Industriegebiet cruiste und offenbar auf dem Weg zur Probe war. Das war meine Rettung, denn Toni ließ mich einsteigen und brachte mich mit seinem holzgetäfelten Luxusmobil zu meinem Auto, so dass ich noch vor dem ersten Stück zur Probe erscheinen konnte.

Das erste Stück war wieder Am hellen Tage (R. Tempel) - wenn Sie zu den regelmäßigen Lesern dieses Blogs gehören, wissen Sie, dass wir gerade ein neues Programm (deutscher und europäischer Jazz) auflegen. Es klang gar nicht schlecht, und im Soloteil (für das erste Tenorsaxofon) erblasste ich mal wieder vor Neid, als Thomas unserem Supertenor Harald S. ein paar Begriffe zurief ("erst Major dann Moll dann wieder Major und einen halben Ton tiefer") und dieser auch noch wusste, was damit gemeint war. Ein wahrer Musikfuchs ist er, unser Harald. Das werde ich niemals können.

Heute Abend kann ich nicht umhin, leise Kritik an unserem CMO zu üben. Er war es, der mich schon mehrfach öffentlich abgekanzelt hat, weil ich "Schlagzeuger" statt "Drummer" sage. Er selbst gebrauchte diesen Begriff heute Abend dann aber mehrfach, als ob nichts gewesen sei. Auf diese Inkonsequenz angesprochen, erklärte er, dass er sich in letzter Zeit vermehrt der deutschen Sprache annähere. Man mag sich gar nicht ausmalen, was das für die deutsche Sprache bedeuten könnte! Bei dieser Gelegenheit: Wenn Sie den Titel dieses Beitrags (eine Idee von Thomas) nicht verstehen, schauen Sie mal hier: Drama High Heels Bruce Darnell. Bruce spricht das Wort auch noch so aus, dass es wie "Drummer" klingt! Unglaublich.

Von wenigen bemerkt spielte sich heute im Trompetensatz ein ganz anderes Drama ab. Unser 1. Trompeter, Michael K., war heute Abend nach seinem Urlaub zum ersten Mal wieder dabei. In einer längeren Pause suchte ich das Gespräch, und mangels intelligenter Ideen fragte ich ihn, ob er mit seiner Kleidung die neue Koalition würdigen wolle. Nun muss man dazu wissen, dass er eine braune Hose und ein oranges Hemd trug. Als er mich skeptisch ansah, sagte ich: "Na braun
und orange ist doch ganz nah an schwarz und gelb." Ich hatte natürlich nicht ernsthaft damit gerechnet, dass er mit seiner Kleidung ein politisches Statement abgeben wollte (warum auch?), aber ein dümmerer Spruch fiel mir zu diesem Zeitpunkt einfach nicht ein. Während Michael mich auslachte, meinte Toni einfach nur: "Bei der Augen-OP ist aber was schiefgegangen, oder? Und Small Talk kann auch nicht jeder." Tja. Sieht so aus, als ob er recht hätte.

Ein Highlight des heutigen Abends waren die frischen modischen Akzente, die unser CMO wieder einmal zu setzen musste. Er präsentierte sich mit einem vom Wasserskifahren gestählten Oberkörper, den er in ein stylishes weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt gezwängt hatte. Ganz alleine trug er heute Abend mit wallenden Muskelbergen die schweren marmornen Stehtische durch die Gegend. "Ein Mann wie eine deutsche Eiche" - so bezeichnet er sich selbst gerne, und das nicht zu Recht?

Außerdem konnten wir an seinen Füßen the next big thing in der Schuhmode bewundern - Boxfresh heißen diese Wundertreter, und man darf davon ausgehen, dass Thomas hier wieder einmal einen Trend setzen wird.

Wir waren immer noch beim selben Stück, als Thomas plötzlich die Notwendigkeit sah, Sarah und mich alleine eine bestimmte Stelle vorspielen zu lassen. Dies ist für jemanden mit meinen eingeschränkten künstlerischen Fähigkeiten, dazu noch bei einem neuen Stück, das noch nie in einer Satzprobe durchgenudelt wurde, natürlich der größte anzunehmende Unfall. In letzter Minute fiel Thomas auf, dass die Saxofone eigentlich auch mitspielen könnten, was mir zwar nicht die Haut rettete, aber doch ein bisschen von mir ablenkte.

Das nächste Stück war wieder mal Azzurro. Diese Nummer hat eine seltsame Wirkung. Letzte Woche hatte es Toni und unseren Präsidenten, Ralf H., zu einer spontanen Darbietung der Dolannes-Melodie veranlasst. Heute, in Abwesenheit unseres geliebten Bandoberhaupts, ließ Michael K. sich dazu verführen, gemeinsam mit Toni eine Melodie zu intonieren, die ich leider ebenfalls nicht erkannte (ich bin anders sozialisiert worden als die meisten Trompeter, weil ich ja auf dem Kornett und in einer Brass Band gelernt habe), welche aber so ähnlich klang, so dass Thomas mal wieder ein Machtwort sprechen musste.

Sehr schnell folgte dann ein weiteres Stück: A Long Time Ago (Bob Mintzer). Thomas unterlief ein klassischer Freudscher Versprecher, als er uns versicherte, dieses Stück sei "schwerer als es aussieht". Das geordnete Zusammenspiel löste sich dann etwa in der Mitte des Notenblattes in seine Bestandteile auf, aber man sagt, dass wir nicht so weit gekommen sind, als wir das Stück vor vielen Jahren zum ersten Mal geprobt haben (und gleich wieder auf Seite legten).

Ein Klassiker, der uns alle an unsere Jugend erinnerte, nämlich Garden Party (Mezzoforte) lag als nächstes auf, aber Thomas brach das Stück schnell mit der Bemerkung ab, wir würden es noch einmal spielen, wenn das Klavier dabei sei (Frank W. konnte heute Abend leider nicht da sein).

Wie Sie auf unserer Website schon vor längerer Zeit nachlesen konnten, suchen wir für eine Schlüsselposition in der Band (Bass) einen neuen Musiker oder eine neue Musikerin. Heute Abend widmeten wir den zweiten Teil der Probe dann dem ersten Kandidaten, aber die sprichwörtliche Diskretion, die Sie an uns schätzen, verbietet es, hier Details weiterzugeben. Nur eine positive Bemerkung sei erlaubt: Thomas zeigte sich entzückt, als der Kandidat "schon beim zweiten Stück ganz alleine das Segno gefunden" hatte. Das ist wahrhaftig eine Leistung, mit der man in dieser Band punkten kann.

3 Kommentare:

  1. Lieber Hendrik,

    die wundervolle Melodie heißt
    Wunderland bei Nacht/Wonderland by Night.

    http://www.youtube.com/watch?v=NnU_nMYb0C4

    Lieben Gruß Toni D.
    P.s.: So was kann man nur mit einer Trompte spielen.

    AntwortenLöschen
  2. Was ist los?
    Wird etwa nicht mehr geprobt?
    Oder hat der CMO Hendriks selbstbeschriebenem musikalischem Unvermögen mit einem Verweis aus der Band Rechnung getragen? ;-)

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Saxonaut, danke für deinen Kommentar! Beides ist falsch - ich kann mich immer noch in der Band halten, aber es ist natürlich nicht einfach. Und geprobt wird auch noch - es gab nur einige Terminkonflikte in letzter Zeit. Leider müssen wir alle immer noch nebenher für unseren Lebensunterhalt arbeiten, aber wir werden uns mittelfristig natürlich bemühen, das abzustellen und unser Dasein als musizierende Privatiers zu fristen.
    Nächste Woche ist wieder Probe - bis dann!
    Hendrik

    AntwortenLöschen