Wir hauen alles durch: Probe am 25. Februar 2009

Ich bemühe mich in meinen Probenberichten ja stets um Fairness und Objektivität, aber manchmal muss die Wahrheit einfach auf den Tisch: Es sieht nicht gut aus für El Presidente Ralf H. Um den Rest der Band steht es allerdings auch nicht viel besser, denn unser CMO Thomas S. hat uns heute Abend alle ordentlich zusammengefaltet. Trotzdem stelle ich die unbequeme Frage: Müssen wir uns Sorgen um unseren geliebten Präsidenten machen? Dazu später mehr.

Als ich heute Abend zu meiner Schande verspätet in der Probe erschien, war die Musik bereits in vollem Gange. Man beschäftigte sich mit El Centro, und ich habe nur noch ein paar Takte mitbekommen. Thomas hat zu diesem Stück auch nicht viel gesagt, doch im Nachhinein weiß ich: Es war die Ruhe vor dem Sturm.

Es folgte nämlich Afro Blue, und hier wurde der Ton deutlich schärfer. Nichts wollte gelingen, und Thomas musste uns mit deutlichen Worten zur Ordnung rufen. Die Trompeten zum Beispiel, so unser CMO, spielten nur "Kraut und Rüben". Resignieren ist allerdings keine Option, denn, so Thomas: "Wir pressen auf jeden Fall eine CD, egal wie. Und es ist mir auch egal, wenn ihr das Zeug bei der Aufnahme 15 Mal spielen müsst. Ich muss ja nur hier stehen." Aus dieser Aussage kann sicher jeder von uns ein Stück Motivation beziehen. Schließlich findet die Aufnahme an einem Wochenende statt, und so wie es im Moment aussieht, ist unser Sonntag Abend in Gefahr. Also kneifen wir besser die Hinterbacken zusammen und beißen uns durch.

Stefan P. (trb) dreht sich bei Afro Blue irgendwann um und sagte zu Ralf und mir: "In Takt 13 habt ihr Trompeten immer den Hang, uns Posaunen zuvorzukommen." Der gute Stefan! Weiß er denn nicht, dass es in der Natur des Trompeters liegt, anderen zuvorzukommen und den Rest der Band im Rückspiegel zu betrachten? Dann muss er es noch lernen. Allerdings sollte er Trost in der Tatsache finden, dass er nur in seinen eigenen Rückspiegel schauen muss und auch dort jemand entdecken wird. Die Saxofone haben schließlich auch ihren Platz in der natürlichen Ordnung einer Band.

Irgendwann nach Afro Blue sagte Thomas dann: "Los, wir hauen jetzt alles durch. Alles in einer Reihe." Was in unsere einfache Sprache übersetzt heißt, dass er das komplette CD-Programm von vorne nach hinten spielen wollte. Es ging los mit A Night in Tunisia, wo ich eine weitere Eigenschaft an mir bemerkte, die Ralf H. in den Wahnsinn treibt. Über das Problem mit der zu lang gespielten Latin-Achtel habe ich ja schon in früheren Beiträgen berichtet, doch was er offenbar auch nicht ausstehen kann, ist mein Geistervibrato. Ich nenne es so, weil es eigentlich gar kein Vibrato ist. Ich tue nur so, als ob ich die Trompete durch leichte Schwungbewegungen der rechten Hand, mit den Fingern auf den Ventilen ausgeführt, in Vibrationen versetzen würde. Warum ich das mache, weiß ich nicht. Ich fühle mich einfach gut dabei. In Wirklichkeit spiele ich aber natürlich extrem trocken und straight. Gut, vielleicht gerät mir tatsächlich die eine oder andere Note hier und da etwas zu lang und schwungvoll, aber ich denke, die Grenze zwischen "falsch" und "mutig interpretiert" verläuft fließend. Gerade im Jazz.

In der Pause führte Toni uns mit Hilfe seines Mundstücks und eines kleinen Luftballons ansatzverstärkende Übungen vor. Praktischerweise hatte er gleich eine Handvoll Luftballons mitgebracht, so dass wir uns alle zum Affen machen konnten. Es ging darum, einen Ton auszuhalten, und dabei den über das Mundstück gestreiften Ballon aufzublasen. Das Ganze fiel mir erstaunlich schwer! Die Anzeichen, dass ich öfters zu Hause üben sollte, verdichten sich also immer mehr. Das muss ich im Auge behalten.

Bei Vamos A Bailar kam Thomas irgendwann zu dem Schluss, dass es ein "Desaster" sei, drehte sich zur mitterweile eingetroffenen Sängerin Beatrix A. um und scheuchte sie mit einem forschen "Alla Hopp. Fangen wir mit dir an" auf die Bühne. Hat da jemand eine Fortbildung gemacht? Diese Art der Mitarbeiterführung in der Band ist neu und aufregend. Ob sie funktionieren wird? Zumindest haben die Gesangsstücke vielleicht einen kleinen Tick besser geklappt als der Rest, wobei Beatrix auch wieder mal wunderbar gesungen hat. Dann hört man den Rest ja nicht so.

Unser Präsident, der heute Abend mal wieder einigen Gegenwind von unserem CMO bekam, kämpfte sich übrigens mit bewundernswertem Elan durchs Notenmaterial, und es ist mir endlich gelungen, einen Schnappschuss von seinem Lieblingszeichen zu machen. Dieses Zeichen malt er ständig in seine Noten:



Lassen Sie uns daraus ein kleines Preisrätsel machen! Wer die richtige Antwort als erster per Kommentar zu diesem Beitag hinterlegt und mir eine gültige Postadresse zukommen lässt, darf sich eine unserer CDs aussuchen und bekommt sie kostenlos zugeschickt.

Also: Wofür steht dieses Zeichen?

  1. Es ist eine Vespa mit Gegenwind, weil Ralf in der Probe davon träumt, in südlichen Gefilden durch die Landschaft zu düsen und dem Girl von Ipanema hinterherzujagen.
  2. Es ist eine Brille, die so etwas wie "Achtung, hinschauen!" bedeuten soll.
  3. Es sind zwei schöne Busen, denn Ralfs Rezept für gute Soli lautet ja bekanntlich, beim Spielen an ebensolche zu denken.

Die Probennachbesprechung fand wieder einmal im Tournedo in Walldorf statt. Als ich nach dem Händewaschen an den Tisch trat, an dem Ralf sich bereits niedergelassen hatte, sagte er: "Hast du eine Trompete dabei?" Ich bejahte dies naturgemäß, was ihn sehr erleichterte, denn wie sich herausstellte, hatte er nach der Probe meinen Trompetenkoffer eingepackt. Folglich musste ich seine Trompete im Kofferraum haben (er hat den gleichen Koffer wie ich, fragen Sie sich mal, was das bedeutet).

Ralf bat mich um den Autoschlüssel, und ging hinaus, um die gewohnte Ordnung wieder herzustellen. Ich rief ihm noch einen Tipp hinterher, der sich auf die Tatsache bezog, dass mein neues Auto Flügeltüren im Heck hat. Unser Präsident zeigte sich in diesem Punkt selbstbewusst, doch was soll ich Ihnen sagen? Als ich mich einige Zeit später ins Auto setzte, um nach Hause zu fahren, wies der Bordcomputer mich mit einem Warnton darauf hin, dass etwas nicht stimmte:



Heckklappe offen! Also doch nicht so einfach. Das Foto ist nicht gestellt. Ganz ehrlich. Trotzdem: Ich stehe hinter unserem Präsidenten, der sich in beispielhafter Weise für die Band einsetzt, und werde ihn erst aus dem Amt stürzen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Das bin ich ihm schuldig.

Zum guten Schluss kommt jetzt noch ein Foto, das Thomas geschossen hat und gerne hier sehen wollte. Warum, dass kann nur er selbst erläutern. Um genau zu sein: Es war eigentlich kein Foto, sondern ein kleiner Film, den er mit meinem Handy gedreht hat. Ich habe aber leider noch nicht herausgefunden, wie man diese Videos in ein Format verwandeln kann, mit dem man außerhalb des Handys auch etwas anfangen kann. Deswegen folgt hier lediglich ein Standbild aus diesem Film:



Vermutlich kriege ich jetzt eins auf den Deckel, weil ich das mit dem Video nicht hingekriegt habe. Na ja. Man kann nicht immer gewinnen. Was meinen Sie dazu, Frl. Czernatzke? Übrigens: Schön, dass Sie wieder da sind!

4 Kommentare:

  1. als Ergänzung zu Hendriks Ausführungen:
    Der neu gegründete SAPBigbandluftballonbläsersatz bläst heiße Luft in die Ballons.
    Für die Beobachter unter uns:
    Wer hat die meiste heiße (36 Grad) Luft in den Ballon geblasen?
    Viele Grüße, Toni

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  2. Lieber Hendrik, liebe BB,
    ich bemühe mich wirklich sehr das Rätsel zu lösen - es raubt mir quasi den Schlaf.
    Deshalb lieber Hendrik, habe noch ein wenig Geduld mit mir wegen des Videos und überhaupt, meine Gedanken gehen gerade eher in Richtung des Rätsels und der Lösung ...., also Lösung b) ist viel zu trivial - das würde keiner als ernsthafte Alternative vorschlagen, Lösung c) nun, da hätte der Präsident eine leicht andere grafische Darstellung gefunden und a) kommt mir derzeit am 'wahrscheinlichsten' vor, aber ganz ehrlich, ich muss gestehen, dass ich selber Vespa fahre .... diese Zeichnung könnte eher ein altes Klapprad darstellen ....
    Ich melde mich wieder in der Hoffnung, dass keine andere Person das Rätsel knackt.
    Herzlichst, Frl. C.

    PS: Das Rätsel mit den Luftballons von Toni, das ist auf dem Photo sehr schwer zu erkennen - und wenn es keinen Preis gibt .....

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  3. Liebes Frl. Czernatzke, ich freue mich, dass mein kleines Preisrätsel dir so viel Freude macht. Aber für Schlaflosigkeit sollte es nicht sorgen. Es reicht ja, wenn Ralf H. (der übrigens Brillenträger ist) sich die Nächte für die Band um die Ohren schlägt.

    VG
    Hendrik

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  4. Lieber Hendrik,

    ja, ich weiß, natürlich ist ein Rätsel ein schlechter Grund für schlaflose Nächte - da eignen sich traurige Männergeschichten, anspruchsvolle Arbeit, die Finanzkrise oder die Frage nach dem was-koche-ich morgen schon besser.

    Ich habe auch so den Verdacht, dass in Deiner letzten Kurznachricht ein kleiner Hinweis versteckt ist - es könnte etwas mit der Brille zu tun haben, aber auf der anderen Seite wäre das viel zu einfach, hmmmmmm....

    Ich werde weiter nachdenken, denn ich scheine nicht die einzige zu sein, der die Lösung schwer fällt - oder hat schon jemand des Rätsels Lösung geknackt!?

    Mit herzlichen Grüßen, Frl. C.

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